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Christian Friedrich Hebbel

Porträt; © Bildarchiv Austria / ÖNB, Wien

Geb. 18.3.1813 in Wesselburen (Holstein; damals Kgr. Dänemark, heute: Deutschland), gest. 13.12.1863 in Wien.
Aus ärmlichen Verhältnissen stammend war Hebbel zunächst als Journalist tätig und als Verfasser historischer Dramen erst spät erfolgreich. Sein Werk, das dem sogenannten Realismus zugeordnet wird, interessiert heute eher aus literaturgeschichtlicher Sicht.

Es war eine politisch bewegte Zeit, in die der Sohn eines Maurers und einer Schuhmachertochter hineingeboren wurde. Im März 1813 verfasste Freiherr von Stein die sogenannte Kalischer Proklamation als antinapoleonisches Bündnis zwischen Russland und Preußen. Metternich, der seit 1809/1810 amtierende, neue österreichische Staatskanzler, vermittelte den im Juni 1813 geschlossenen Frieden von Poischwitz, der nach Aussage Napoleons "die größte Dummheit seines Lebens" war. Und im Oktober 1813 tobte die Völkerschlacht von Leipzig, die einen Sieg der Koalition über Napoleon brachte. 

Hebbels Kindheit und Jugend war geprägt von Not und Entbehrungen. Es war nicht verwunderlich, dass der heranwachsende Knabe, so hellwach und fantasiekräftig er von früh an um sich schaute, viel in sich hinein grübelte und außerordentlich empfindlich wurde. Nach dem frühen Tod des Vaters 1827 verdingte er sich als Laufbursche beim Kirchenspielvogt Mohr, der Steuereintreiber und Inhaber der niederen Gerichtsbarkeit der Gegend war (vgl. Matthiesen 1992, 16). Schon bald avancierte er zum Schreiber und machte sich als Autodidakt die gut bestückte Bibliothek des Vogts zu Nutze.
1829 wurden die ersten Gedichte im Ditmarser und Eiderstedter Boten veröffentlicht. 1835 holte ihn Amalie Schoppe (1791-1858), die Herausgeberin der Neuen Pariser Modeblätter, in denen ebenfalls einige seiner Gedichte veröffentlicht worden waren, nach Hamburg. Sie sah sich als "geistige Mutter Hebbels", waren doch ihre eigenen Artikel "für sie Broterwerb; für Hebbel bedeutete Dichten Verwirklichen der eigenen Existenz" (zit. nach ebd., 27). Somit blieb der Konflikt zwischen Amalie Schoppe und dem Dichter nicht lange aus. In Hamburg lernte er auch die um neun Jahre ältere Elise Lensing (1804-1854) kennen. An ihrer Seite fand er vorerst Ruhe und finanziellen Halt, sie unterstützte ihn, wo sie konnte. Hebbel verehrte Elise, er betete sie an, widersetzte sich allerdings trotz der Geburt zweier Söhne, die im frühen Kindesalter verstarben, strikt einer Heirat. Dank eines Stipendiums reiste Hebbel 1836 nach Heidelberg, von dort weiter nach Straßburg, Stuttgart und schließlich München. Bedingt durch Hunger, Krankheit und Geldsorgen war sein Studium zum Scheitern verurteilt und er kehrte 1839 zu Fuß nach Hamburg zurück, wo Elise Lensing auf ihn wartete. Durch Vermittlung von Karl Gutzkow (1811-1878) bekam er eine Stelle als Rezensent bei der Zeitschrift Der Telegraph.

In den folgenden Jahren, nämlich von 1841 bis 1844, entstanden seine ersten Dramen, allen voran Judith (1840), Genoveva (1841) und Maria Magdalena (1843), welche von Julius Campe (1792-1867) verlegt wurden. Trotz erster Erfolge, blieb Hebbel ein Fremder für die Theaterwelt. Verzagt und verzweifelt kam er Anfang November 1845 nach Wien. Es fehlte ihm an Geld und Kleidung, er konnte nicht einmal sein kleines Zimmer in der Josefstadt heizen. Im Dezember wollte er Wien wieder verlassen und geriet durch Zufall in den literarischen Club Concordia. Dort lernte er die berühmte Burgschauspielerin Christine Enghaus (1815-1910) kennen, verliebte sich in sie und heiratete sie 1846. Im selben Jahr kam Sohn Emil zur Welt, der bereits im Alter von einem Jahr starb, 1847 wurde Hebbel Vater einer Tochter (Christine, gest. 1922).
Die Wiener Jahre erwiesen sich als Wendepunkt, zumal Hebbel von der Wiener Jugend als "König der Literatur" gefeiert und seine Werke in literarischen Journalen besprochen wurden. Heinrich Laube (1806-1884) schrieb über ihn: "[...] Hebbels Stücke sind zusammengedacht, sie sind von einem begabten, dichtenden Denker niedergeschrieben, nicht aber von einem Dichter, der ein Künstler ist" (zit. nach ebd., 144). In dieser Periode entstanden u. a. seine Stücke Ein Trauerspiel in Sizilien (1847), Der Rubin und Agnes Bernauer (beide 1851). Thematisch steht auch hier das Scheitern des Individuums im Zentrum, da der Einzelne, der Held, sich der Gesamtheit unterordnen muss. Allein in ihrem Interesse kann die Versöhnung erfolgen und zwar durch den Untergang des Individuums.

Mitte Juli 1855 kam Hebbel erstmals gemeinsam mit seiner Frau zu einer Badekur nach Gmunden. Nach dreiwöchigem Aufenthalt gefiel es ihm so gut in Gmunden, dass er in Orth Nr. 31 (heute Hebbelstraße 1) für 3000 Gulden ein Haus erwarb, in dem die Familie die Sommermonate verbrachte.Das Haus war quasi die Krönung und sichtbares Zeichen seines bescheidenen Wohlstandes. Am 21. August 1855 notierte er in sein Tagebuch: "Die erste Nacht im eigenen Hause zugebracht und gut geschlafen, so knapp und eng auch Alles war. [...] Zwei große Betten und ein ungeheurer Ofen füllen es fast allein aus und wir schlüpfen in die Ecken hinein [...] Unser Garten ist groß und bietet die Aussicht auf den Traunstein und den See, so dass man bei gutem Wetter keinen schöneren Platz finden kann ...".
In seinem Gmundner Haus arbeitete Hebbel 1855 an seiner Trilogie Die Nibelungen; 1856/57 entstand hier das Epos Mutter und Kind. Er war von der Schönheit Gmundens und seiner Umgebung sehr beeindruckt. Von seinem Haus bot sich ihm ein prächtiger Rundblick auf See und Gebirge, da zu seiner Zeit die Gebäude, die heute die Aussicht beinträchtigen, noch nicht erbaut waren. Große Wiesenflächen breiteten sich aus und man konnte die Orther Halbinsel mit dem See- und Landschloss samt der Bucht überblicken.Der Dichter suchte in täglichen Solebädern Linderung von seinen Leiden. Besonders schätzte er die Badeanstalt an der hölzernen Traunbrücke.
Friedrich Hebbel starb am 13. Dezember 1863 in Wien, worauf im Gmundner Wochenblatt vom 29. Dezember 1863 ein ehrender Nachruf erschien. Sein Grab befindet sich am Matzleinsdorfer Friedhof in Wien. Seine Nachkommen leben bis heute in Gmunden. Nach Georg Büchner war Hebbel als Dichter "kein Lehrer der Moral, er erfindet und erschafft Gestalten, er macht vergangene Zeiten wieder lebendig, und die Leute mögen dann daraus lernen". (ebd., 272)

Gerda Benesch-Tschanett

 

Werke. 5 Bde. Hg. Von Gerhard Fricke u. a. München 1964-1967. - Genoveva. Stuttgart 1980 - Herodes und Mariamne. Stuttgart 1990 - Maria Magdalena. Agnes Bernauer. Frankfurt/Main 2008.

Benesch-Tschanett, Gerda: Genoveva und Mariamne. Menschenwürde und Gewalt im Ehedrama. In: Schriftenreihe "Hebbel - Mensch und Dichter im Werk", Bd. 6. Wien 1998, 115-130. - Fourie, Regine: Hebbels Frauengestalten im Prozess zwischen den Geschlechtern - eine feministische Perspektive. In: Schriftenreihe "Hebbel - Mensch und Dichter im Werk, Bd. 5. Wien 1995, 293-306. - Grundmann, Hilmar (Hg.): Friedrich Hebbel. Neue Studien zu Werk und Wirkung. Heide/Holstein 1982. - Hindinger, Barbara: Tragische Helden mit verletzten Seelen. Männerbilder in den Dramen Friedrich Hebbels. München 2004. - Kaiser, Herbert: Friedrich Hebbel. Geschichtliche Interpretation des dramatischen Werks. München 1983. - Matthiesen, Hayo: Hebbel. Hamburg 1992. - Ritzer, Monika: Hebbels Tragödie der Notwendigkeit und die Poetik des realistischen Dramas. In: Schriftenreihe "Hebbel - Mensch und Dichter im Werk",  Bd. 5. Wien 1995, 47-66. - Tischel, Alexandra: Tragödie der Geschlechter. Studien zur Dramatik Friedrich Hebbels. Freiburg/Br. 2002.