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Matthias Abele

Geb. 17.2.1618 in Steyr, gest. 14.11.1677 ebd.
Barocker Unterhaltungsschriftsteller.

Die aus Schwaben stammende Familie Abele kam im 16. Jh. in die Steiermark. Wie sein Bruder Christoph Ignaz, der es in steiler Karriere zum Hofkammerpräsidenten sowie zum Grafenstand brachte, studierte Matthias zunächst Philosophie in Graz, dann Rechtswissenschaft in Wien. Als promovierter Jurist war Abele 1641-43 am Wiener Stadtgericht und ab 1644 für die Regierung von Niederösterreich tätig; 1646 war er Stadtschreiber von Krems und Stein. Im Jahre 1648 wurde er Sekretär der Innerberger Eisengewerkschaft in Steyr, deren diplomatische Vertretung er in zahlreichen Reisen wahrnahm, 1658 wurde er Obersekretär. Diese berufliche Erfolgsgeschichte wie auch seine Propagandatätigkeit blieb nicht ohne erfreuliche Folgen: 1665 erhielt Matthias Abele vom Kaiser den Adelstitel "von Lilienberg". 1671 wurde er zum kaiserlichen Rat und Hofhistoriografen ernannt, mit einem Gnadengehalt von 400 Gulden, aber ohne Aufträge.

Matthias Abele schaffte es, die Propaganda für das kaiserliche Haus mit einer Mitgliedschaft in der Fruchtbringenden Gesellschaft zu verbinden. Dort wurde Abele 1652 aufgenommen, und die benachbarten Mitglieder aus protestantisch-adeligem Hause - wie Johann Wilhelm von Stubenberg (1619-1663) - haben darüber die Nase gerümpft, denn Abele hatte erst den ersten Band der Gerichtshändel veröffentlicht. Die Mitgliedschaft war auch wegen der kulturellen Differenzen zwischen einem opitzianisch-protestantischen Literaturideal und Abeles zunehmender Propagandatätigkeit problematisch. Während die Bücher anwuchsen, unterstützte er zunehmend das Haus Habsburg durch Flugblätter, etwa beim Vorgehen gegen die ungarische Adelsfronde (sein Bruder hatte den Prozess geleitet, die Rebellen wurden enthauptet), aber auch gegen die 1671 aus Wien vertriebenen Juden, indem er die Position der Obrigkeit hervorstrich, was ihm das Wohlwollen des Kaisers sicherte. Auch der Kirche blieb Abele treu, mit dem Prälaten von Garsten hatte er guten Kontakt. Bezeichnend ist, dass einer der beiden Söhne bei Hof Karriere machte, der andere wurde als Pater Seraphin ein Garstener Benediktiner.
Andererseits hat ihm sein Beruf das Material für seine heiteren Sammelwerke an die Hand gegeben. Als Repräsentant barocker Buntschriftstellerei gehört Abele in die Reihe der Kompilatoren und Populärschriftsteller wie Martin Zeiller (1589-1661), Erasmus Francisci (1627-1694), Eberhard Werner Happel (1647-1690) und Johann Beer. Aus dem Rechtswesen erwuchs eine Sammlung kurioser Gerichtsfälle mit Anklage, Gegenschrift, Erwiderung etc. bis zum Urteil: Die Gerichtshändel sind Vorläufer des "Heiteren Bezirksgerichts" und als solche ebenso frei erfunden. Abele bezog sie aus der Geschichte, also aus der Literatur, wo ihre Vorbilder, aber auch zeitgenössischen Nacherzählungen herumspuken.

Im Gegensatz dazu ist Abeles zweite mehrbändige Erzählsammlung mit Erlebtem befasst, denn die eigene Erfahrung betont bereits der Titel des 1669-75 in fünf Teilen erschienenen Serienwerks Vivat Unordnung. In das "Quodlibeticum" hat Abele auch poetische Formen integriert, es finden sich Figurengedichte, Epigramme, Gratulationsgedichte. Abele verstand es, heterogenes Material gefällig aufzubereiten und dabei auch eigene Publikationen erneut zu verwerten. Das gilt für Asmodaei Rechts-Proceßl (1658) und für Artliche Gerichts-Verfahrung (1659) ebenso wie für seine Flugschriften, die in Vivat Unordnung in modifizierter Form wiederabgedruckt wurden.
Abeles "Kaisertreue, die besondere Treuepflicht des Neuadligen gegenüber dem Erzhaus Österreich bestimmt Möglichkeiten und Grenzen seiner Späße." (Breuer 1986, 1146) Die Propaganda benötigte fähige Köpfe, an repräsentativen literarischen Werken jedoch bestand in Wien kein Bedarf. Mag sein, "daß der Kaiserhof in Wien andere, ältere Auffassungen von repräsentativer Kunst gelten ließ als die Fruchtbringende Gesellschaft" (ebd., 1148), gefördert hat er sie nicht.

Franz Eybl

 

Metamorphosis Telae Iudiciariae, Oder [erster bis vierter] Theil Seltzamer Gerichts-Händl/ und noch seltzamerer hierauff gerichtlich erfolgten Außsprüch. Linz 1651/54 [ab 1654 in mehreren Nürnberger Erweiterungen und Ausgaben]. - Vivat Unordnung! Das ist: Wunder-Seltzame/ niemals in offentlichen Druck gekommene Gerichts: und ausser Gerichts: doch warhaffte Begebenheiten/ Meistentheils aus eigner Erfahrnus/ Zusammengetragen. 5 Teile. Nürnberg/Sulzbach 1669/75.

Breuer, Dieter: Matthias Abele und seine Erzählsammlungen. In: Herbert Zeman unter Mitwirkung von Fritz Peter Knapp (Hg.): Die österreichische Literatur. Ihr Profil vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert. 2 Bde. Graz 1986, Bd. 2, 1135-1148. - Dünnhaupt, Gerhard: Matthias Abele von Lilienberg. In: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock, Bd. 1. Stuttgart 1990, 103-110. - Halm, Hans: Volkstümliche Dichtung im 17. Jahrhundert. Matthias Abele. Teil 1. Weimar 1912 (Neudruck 1978).