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Franz Josef Heinrich

© Adalbert-Stifter-Institut / StifterHaus

Geb. 15.7.1930 in Linz, gest. 7.9.2013 ebd.
Autor von Gedichten, gesellschaftskritischen Dramen, Erzählungen sowie Romanen.

Heinrich wuchs als Sohn eines Wagnermeisters und Eisenbahnbeamten (Karl Heinrich) und dessen Frau Katharina (geb. Loidl) auf. Der Vater brachte fünf Kinder aus seiner ersten Ehe in die Verbindung mit. In den Lebensverhältnissen der Familie mischte sich das Arbeiter- und Staatsdienst-Milieu der späten Monarchie mit den politischen Vorstellungen der aufsteigenden sozialdemokratischen Arbeiterklasse, was auch eine solidarische Stellungnahme des Vaters für den Republikanischen Schutzbund erkennen ließ. In Linz absolvierte Heinrich eine Lehre als Büchsenmacher und wurde im März 1945 zur vormilitärischen Ausbildung auf dem Dachstein eingezogen, das Kriegsende bis zur Neuentstehung der Zweiten Republik verfolgte er aufmerksam mit. 1950 nahm er ein Studium an der Linzer Arbeitermittelschule auf, 1956 trat er in den Versicherungskonzern der Ersten Allgemeinen Generali ein - jenes Unternehmen, in dem Franz Kafka vor ihm in Prag gearbeitet hatte -, ab 1977 lebte er als freier Schriftsteller in Linz.

Schon 1957 erschien, nach ersten Veröffentlichungen in Zeitungen, der früheste Lyrikband Die Schattenharfe, dem zwei weitere folgten (Isolationen, 1959; Lichtzellen, 1961). Erste öffentliche Aufmerksamkeit wurde dem Autor zuteil. Er wurde eingeladen zu den Innsbrucker Jugendkulturwochen, lernte dort  Gertrud Fussenegger und Erich Landgrebe (1908-1979) kennen, begegnete Thomas Bernhard, Gerhard Fritsch (1924-1969), Waltraud Seidlhofer und anderen. Die Lyrik der ersten Jahrzehnte kristallisiert aus im Aufarbeiten und Einschmelzen von Einflüssen Rilkes, Hofmannsthals, sehr früh auch des französischen Symbolismus (Mallarmé, Lautreamont und Rimbaud). Hermetik ist in diesen schlanken, lakonischen Gebilden angesagt, eine Romantik der Verrätselung und Verschlossenheit tritt in Maske auf. Der Autor versucht, sich von der politisch plakativen Realismus-Lyrik abzugrenzen, in einem Zeitungsaufsatz von 1966 formuliert er seinen Standpunkt gegenüber der "Konkreten Poesie" und hält ihr die Sprach- und Imaginationswelt Paul Celans entgegen: "So lange das konformistische Denken sich nicht im Computer verselbständigt oder völligen Besitz vom Menschen ergreift, wird es neben den sprachlichen Tachismen auch poetisch artifizierte Aussage in der höchsten sprachlichen Form, im Gedicht, geben."

Es folgt die Entdeckung der dramatischen Ausdrucksform im Zwei-Personen-Stück Sell und Fin (1968). Dabei offenbart sich ein Hang zum Absurden und Grotesken. Im Bühnenwerk zeigt sich von Stück zu Stück eine generelle, genau beobachtende Gesellschaftskritik. Thematisiert werden z. B. die Umweltzerstörung in Die Nacht der Müllschlucker (1973), der überbordende Autoverkehr in Straßenschlacht (1975) oder unterdrückte Armut in Zentral- und Südamerika in Die Unerlösten - Stücke, die im In- und Ausland aufgeführt werden.
Zugleich vertieft sich Heinrich in die Erzählprosa, so 1972 mit Feldzug nach Nanda. Motivkreis und Atmosphäre dieser Prosa erinnern an Franz Kafka und den Italiener Dino Buzzati (1906-1972), im zeitlichen Hintergrund auch an Alfred Kubin. Dramatische Werke und eine zum Roman hin verdichtete Erzählkunst lösen in den folgenden Jahren einander ab. Dabei orientiert sich Heinrich weiter am Motivkreis des existenziell Befremdlichen, nicht selten auch Bedrohlichen. 1984 erscheint Die Körper, ein Jahr später der Roman Die Hungerstadt, in dem die Flutwelle einer Massenmigration aus der nicht privilegierten Welt der Übersehenen und Zu-Kurz-Gekommenen die müde gewordene Hochzivilisation überschwemmt. Es folgen gesellschaftskritische Erzählbände und der Roman Die Sternwarte (1991), der den Einfluss von Jorge Luis Borges erkennen lässt. Die Publikationen seit den 1990er Jahren sind allesamt in Deutschland erschienen, zuletzt Schwarzstern Erde (2005) und Atemseil (2008). Ein aus unterschiedlichen Materialien lyrisch, dramatisch und autobiografisch erzählend gemischter Sammelband, betitelt Im Feuerkreis -Späte Texte, ist ebenfalls 2008 in der Bibliothek der Provinz erschienen.
Franz Josef Heinrich ist Mitglied des P.E.N. OÖ und der Künstlervereinigung MAERZ. An der Modernisierung und Erneuerung des Literarischen Jahrbuches der Stadt Linz (Facetten) war der Autor maßgeblich beteiligt, sein Werk erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Peter Kraft

 

Feldzug nach Nanda. Erzählungen, Fiktionen, Chroniken. Linz 1972. - Ein Ort für alle. [Erzählungen.] Salzburg 1976. - Ausgewählte Theaterstücke. Salzburg 1979. - Gehen auf dem Kopf. Erzählungen. Salzburg 1981. - Die Körper. Roman. Linz 1984. - Das unsichtbare Kreuz. Erzählungen. Mit einem Vorwort von Johann Lachinger. Marburg 1989. - Das Monument. Erzählungen. Darmstadt 1990. - Die rote Tür. Erzählungen, Fiktionen, Chroniken. Marburg 1996. - Distelreich. Gesammelte Gedichte von 1955-1999. Bramsche 2000. - Narbenschrift. Gedichte. Osnabrück 2002. - Schwarzstern Erde. Gedichte. Bramsche 2005. - Im Feuerkreis-Späte Texte. Linz u. a. 2008.

Ebner, Jakob (Hg.): Franz Josef Heinrich. Linz 1997 (= Die Rampe 1997, Porträt).