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Karl Itzinger

Geb. 26.2.1888 in Ried/Innkreis, gest. 10.4.1948 in Linz.
Er sah in der Epoche des oberösterreichischen Bauernkrieges eine Analogie zu seiner Zeit und thematisierte dies in seiner antihumanistischen, völkisch-rassisch geprägten Blut- und Boden-Literatur.

Als Halbwaise in Ampflwang aufgewachsen, brach er das Gymnasium in Salzburg ab, machte eine Mechanikerlehre und ging auf Wanderschaft. Er schlug eine militärische Laufbahn ein (Französische Fremdenlegion, k.u.k. Armee, deutsch-österreichische Volkswehr u. Salzburger Heimwehr), die von einer neurasthenischen Episode und einer Verwundung Ende August 1914 überschattet war. Itzinger brachte es bis zum Volkswehrleutnant.
Er versuchte sich zwischenzeitlich als Journalist und schrieb 1913 sein Werk Casablanca über seineErlebnisse in Frankreich und Afrika. Sein Kontakt zum Kriegskameraden Max Preuner war die Grundlage für das Drama Das Frankenburger Würfelspiel, das der deutsch-völkische Turnverein Frankenburg 1925 aufführte. Seine Funktion beim linken Soldatenrat legte er 1919 nieder. Da er jedoch den Christlichsozialen zu gemäßigt war, schied er aus der Volkswehr aus und näherte sich den deutsch-freiheitlichen Bauern an.

Ab 1919 wurde er Schriftleiter des Salzburger Bauernbündler, Sekretär des Landbundes und Redakteur bzw. Herausgeber und Verleger der Welser Bauern-Zeitung, dem offiziellen Organ des Landbundes, sowie weiterer Zeitungen. 1921 trat er dem Freikorps Oberland bei, das den Kern der SA in Bayern bildete. Itzinger trat offen antisemitisch auf und hatte u. a. Kontakt zu General Ludendorff. Nach dem Misslingen des Hitler-Putsches im November 1923 wurde er Führer des Bundes Oberland. 1921 erschien sein z. T. autobiografisches Werk als Fortsetzungsroman in der Bauern-Zeitung, das 1922 als Buch unter dem Titel Der Sündenbock, Geschichte eines ledigen Kindes herausgegeben wurde. Im Bauernkriegsgedenkjahr 1925 folgten seine Streiflichter aus dem oberösterreichischen Bauernkrieg 1926, sein Roman Der Bauerntod  sowie Das Frankenburger Würfelspiel,das für den deutsch-völkischen Turnverein Frankenburg entstand und dort erstmals aufgeführt wurde.

Itzinger wurde 1933 Pressereferent des Landbundes. Als dieser erst in die Vaterländische Front und dann in die NSDAP eingegliedert werden soll, wurde er verboten und Itzinger schloss sich der illegalen SA an. Arbeitslos geworden, kündigte er die Fertigstellung seiner Bauernkriegstrilogie an. Im Zuge des NS-Putschversuches erhoffte er sich eine Stelle als Propaganda- oder Pressechef. Doch nach dem Scheitern wurde er kurz inhaftiert. Der Bund Oberland diente der NSDAP einige Zeit als Deckmantel und wurde daher auch verboten. Itzinger war später Mitglied des Stabes der illegalen SA-Obergruppe Österreich.
Der Bauerntod kam 1933 unter dem Namen Das Blutgericht am Haushamerfeld heraus. Ab 1935 wurde es jedoch u. a. wegen der Beleidigung der römisch-katholischen Kirche zeitweise verboten. Drauf hin trat Itzinger aus der Kirche aus und veröffentlichte z. T. unter dem Pseudonym Kunz Iring ab 1935 verschiedene deutsch-völkische, antisemitische sowie antiklerikale und Habsburger-feindliche Schriften im esoterisch-nationalistischen Ludendorffs Verlag. 1936 wies er explizit auf seine völkisch-freiheitliche, antisemitische Einstellung hin. Es erschienen Not und Kampf deutscher Bauern, Nie wieder Habsburg!, der zweite Teil der Trilogie Es muß sein!, Vom Verräter zum Heiligen? und 1937 der letzte Teil der Trilogie, Ums Letzte!. Itzinger absolvierte auch Vortragsreisen zur Bauernkriegsgeschichte. Zum NS-Thingspiel Eberhard Wolfgang Möllers, Das Frankenburger Würfelspiel, anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1936, meinte er: "Wenn es auch nicht mein Stück ist, aber der Stoff ist meiner, den ich der deutschen Literatur zurückgebracht habe!"

Nach der NS-Machtübernahme 1938 in Österreich übergab Itzinger den Bund Oberland der SA und Das Tagebuch vom 10. Februar bis 13. März 1938, sein Bekenntnis zum Nationalsozialismus,kam heraus.In Frankenburg gelangte im Sommer 1938 und 1939 das Stück Das Frankenburger Würfelspiel auf der neuen Freilichtbühne, unterstützt durch die Nationalsozialisten, speziell durch Reichsminister Walter Darré, wieder zur Aufführung. 1938 huldigte Itzinger anlässlich der Gedenkfeier am Haushamerfeld der "Gigantentat des Führers". Er brachte die Gehängten des 15. Mai 1625 in Verbindung mit den Toten des Hitler-Putsches 1923:  "[...] auch sie standen für Freiheit und Recht, für ihre Überzeugung ein". 1939 schenkte das Amt für Schrifttumspflege der NSDAP Adolf Hitler Itzingers Trilogie Ein Volk steht auf!.
Itzinger war 1938/39 als SA-Obersturmbannführer Kreisschulungsleiter der Stadt Linz und Leiter der Abteilung Schulung in der Landesbauernschaft Donauland. Im Reichsnährstand leitete er ab 1940 die weltanschauliche Abteilung. Er fungierte als Gauhauptstellenleiter für die bäuerliche Nachwuchserziehung und -schulung sowie 1943 als Leiter der Bauernschule Walding. 1941 wurde sein letztes Werk, Der Ketzerfürst, veröffentlicht. "Durch seine schriftstellerische Tätigkeit hat er sehr viel zur Verbreitung des NS-Gedankengutes beigetragen, I. hat bewiesen, dass er ein einwandfreier Nationalsozialist ist", heißt es in einer Beurteilung durch das Regime. Seine Bauernkriegsbücher seien eine "hervorragende Hilfe im Kampf der [NS-]Bewegung". Im Zuge der ersten Dichterwoche des Reichsgaues Oberdonau fanden Lesungen statt, auch während der Kriegsjahre unternahm Itzinger Lesereisen und hielt Reden, Vorträge und Schulungen; 1945 war er fanatischer Ausbildner/Leiter einer Volkssturmeinheit. Gegen Kriegsende tauchte er in Frankenburg beim Kriegskameraden Preuner unter, wurde nach dem Verbotsgesetz angezeigt und bis Juli 1947 inhaftiert, ehe er am 10. April 1948 in Linz an Krebs starb.

Nach 1945 waren Itzingers Werke zunächst verboten, 1952 durfte eine entschärfte bzw. "entnazifizierte" Version seines Dramas in Frankenburg erstmals wieder aufgeführt werden. In Frankenburg wurde ein Itzingerweg geschaffen, 1981 folgte eine Straßenbenennung in seiner Geburtsstadt. 2012 beschlossen die Rieder jedoch, die Itzingerstraße, nach dem Priester Josef Itzinger, einem Unterstützer der Österreichischen Freiheitsbewegung umzubenennen.

Hannes Koch

 

Der Sündenbock. Geschichte eines "ledigen" Kindes. Graz 1922. - Streiflichter aus dem oberösterreichischen Bauernkrieg 1626. Wels 1925. - Der Bauerntod. Eine Geschichte aus der Leidens- und Heldenzeit des Landes ob der Enns. Graz 1925. - Das Blutgericht am Haushamerfeld. Aus der Leidens- und Heldenzeit des Landes ob der Enns. Graz 1925. - Das Frankenburger Würfelspiel. Festspiel des deutschvölkischen Turnvereines Frankenburg anläßlich der Enthüllung des Denkmals am Haushamerfelde am 15. August 1925. Wels 1925. - [Kunz Iring:] Not und Kampf deutscher Bauern. (Bauernkriege.) München 1935. - Es muß sein! Der Kampf eines deutschen Volkes um Freiheit, Glaube und Heimat. Graz 1936. - [Kunz Iring:] Nie wieder Habsburg! Die Habsburger in der Geschichte der Deutschen. München 1936. - Ein Haus im Land. Wels 1937. - Das Blutgericht am Haushamerfeld oder Das Frankenburger Würfelspiel. Leidensweg eines deutschen Volkes um Freiheit, Glaube und Heimat. Graz 1937. - Ums Letzte. Das Ende eines deutschen Kampfes um Freiheit, Glaube und Heimat. Graz 1937. - Tagebuch vom 10. Februar 1938 bis 13. März 1938. Ein Überblick über die letzten Tage des Kampfes und die ersten Tage des Sieges. Linz 1938. - [Kunz Iring:] Vom Verräter zum Heiligen. Der Verrat Karls des Letzten am Bundesgenossen. München 1938. - Der Ketzerfürst. Roman einer Geisteswende. Graz 1941.

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