Gilm trat mit politischen Gedichten, u. a. mit Schützen- und Jesuitenliedern gegen den klerikalen und patriotischen Konservativismus im Tirol des Vormärz hervor. Mit seinen Liebesliedern ist Gilm ein Vertreter der deutschen Empfindsamkeit, sein Gedicht Allerseelen (1844) repräsentiert ideal die zeittypische Lyrik, es fand Eingang in zahlreiche Anthologien deutscher Lyrik und wurde u. a. von Richard Strauß und Eduard Lassen vertont.
Gilm verbrachte Schulzeit und Jugend in Feldkirch, nachdem der Vater, Johann Nepomuk von Gilm, k. k. Appellationsrat, 1815 mit seiner Familie nach Vorarlberg zog. 1826 erfolgte die Übersiedlung zurück nach Innsbruck, wo Gilm von 1833 bis 1836 Jus studierte. 1837 trat er als Rechtspraktikant in den Staatsdienst ein und bewegte sich in deutschnationalen liberalen Kreisen. Er engagierte sich mit politischen und antiklerikalen Gedichten, die zu Lebzeiten hauptsächlich handschriftlich für agitatorische Zwecke verbreitet und nur vereinzelt in Zeitschriften abgedruckt wurden.
Seine scharfzüngigen Jesuitenlieder, am bekanntesten das Gedicht Der Jesuit, entstanden aus Protest gegen die klerikale Macht der Ultramontanisten im Metternich'schen Ordnungsstaat. Unter den Liedern sind auch viele Gelegenheitsgedichte, die aufgrund konkreter Vorkommnisse entstanden sind, z. B. anlässlich der Vertreibung der Zillertaler Protestanten 1837 oder des Baus des Jesuitenkollegs 1843. In seinen Schützenliedern (Aus einem Tiroler Schützenleben) bezog Gilm eine kämpferische deutschnationale Position und hatte darin eine Vorbildfunktion für die aufstrebende Bewegung Jung-Tirol der Jahrhundertwende.
Beeinflusst von Johann Chrysostomus Senn entstanden schon ab 1837 die ersten Gedichtzyklen, bestehend aus Sonetten und Liebesliedern wie Märzenveilchen und die seiner unglücklichen Jugendliebe Josefine Kogler gewidmeten Sommerfrischlieder aus Natters. Diesen ist bereits der wichtige Einfluss durch Heinrich Heines Werk anzumerken.
1840 wurde Gilm von Innsbruck ins Kreisamt nach Schwaz versetzt, wo er im Haus des Kreishauptmanns Anton von Gasteiger verkehrte und dessen Nichte Theodolinde kennenlernte. Die unglückliche Liebe zu ihr ist Thema mehrerer Gedichtzyklen dieser Jahre. Gilm kam 1842 nach Bruneck, wo er die Zeitsonette aus dem Pustertal (1843) verfasste, in denen vieler Orte erinnert wird, beispielsweise an Bad Schartl bei Bruneck in den Schartlliedern, das auch sein bekanntestes Gedicht Allerseelen enthält. In Bruneck entstanden auch das Fragment gebliebene Drama Oswald, die Novelle Die Bierkneipe sowie die durch die Beziehung zur Bozener Kreishauptmannstocher Sophie Petter inspirierten Herbstsonette, die in den Sophienliedern zusammengeführt sind. Die Verbindung löste sich nach seiner Versetzung nach Rovereto 1845 wieder auf. Zu dieser Zeit schrieb er die Lieder von den italienischen Grenzen und Sonette aus Welschtirol. Gilm, damals Vorstand der deutschen Gesellschaft in Rovereto, verehrte dort Valerie Comtesse Festi, was sich in den Sonetten an eine Roveretanerin niederschlug. 1847 wird er nach Wien abberufen, wo er 1848 die Revolution erlebte.
1854 kam Gilm als Statthaltereisekretär nach Linz, wo ihm 1856 die Leitung des Präsidialbüros übertragen wurde. Gilm dichtete auf Rosa Dierzer von Traunthal das Rosaneum. 1861 heiratete er die 19-jährige Marie Madeleine Dürrnberger, Tochter des Linzer k.k. Rechnungsrates Michael Dürrnberger, 1863 wurde Sohn Rudolf Hermann geboren. In seinen Linzer Jahren pflegte Gilm Kontakt zum Mundartdichter Franz Stelzhamer sowie zu Adalbert Stifter. In seinen Zuständigkeitsbereich gehörten auch das Theaterreferat und die Theaterzensur. In der Linzer Zeit entstanden vorwiegend Balladen wie Der Traunstein, Pöstlingberg, Das Adoptivkind u. a. 1864 starb Gilm an einem Lungenleiden in Linz. 1868 wurden seine Überreste nach Innsbruck überführt und im Städtischen Friedhof beigesetzt. Posthum sind seine Gedichte in verschiedenen Ausgaben erschienen, den ersten Band der zweibändigen Wiener Ausgabe hatte Gilm noch selbst vorbereitet. Biografien und Festbücher versuchten das Andenken des Dichters zu bewahren, dennoch geriet Gilm im 20. Jh. mehr und mehr in Vergessenheit. Die Innsbrucker Gilmstraße erinnert an den Dichter. Sein Nachlass liegt im Brenner-Archiv als Leihgabe des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, weitere Gedichtmanuskripte sowie Korrespondenzen sind zudem in der Bibliothek des Ferdinandeums in Innsbruck aufbewahrt.
Christine Riccabona
Tiroler Schützen-Leben. Festgabe zur Feier der fünfhundertjährigen Vereinigung Tirols mit dem österreichischen Herrscherhause. Innsbruck 1863. - Gedichte. 2 Bände. Wien 1864/65. - Ausgewählte Dichtungen. Hg. von Arnold von der Passer. Leipzig 1889. - Gedichte. Gesamtausgabe. Hg. von Rudolf Heinrich Greinz. Mit dem Bildnis und einem Faksimile des Dichters. Leipzig 1894. - Gedichte. Leipzig 1894. - Gedichte. Buchschmuck von Max Bernuth. Einleitung von Hugo Greinz. Innsbruck 1902. - Gedichte. Zusammengestellt und mit einer bibliographischen Einleitung versehen von Arnold von der Passer. Frankfurt/Main 1906. - Hermann von Gilms Familien- und Freundesbriefe. Hg. von Moritz Necker. Wien 1912. - Das unterbrochene Namensfest. Hg. von Alois Brandl und Gerhard Rohlfs. Braunschweig u. a. 1931. - Aus bergkristallener Schale. Eingeleitet und ausgewählt von Alois Großschopf. Graz 1958.
Ebner, Helga; Ebner, Jakob; Weißengruber, Rainer: In: Literatur in Linz. Eine Literaturgeschichte. Linz 1991, bes. 243-247. - Hahnl, Hans Heinz: Hofräte, Revoluzzer, Hungerleider. Vierzig verschollene österreichische Literaten. Wien 1990, 83. - Hermann von Gilm. In: Gertrud Pfaundler-Spat: Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Orte des Bundeslandes Tirol. Innsbruck 2005, 134. - Holzner, Johann: Finstere Verhältnisse. Gedichte und Berichte von Hermann von Gilm und Adolf Pichler. In: Frühere Verhältnisse. Malerei von 1800 bis 1900. Hg. von den Tiroler Landesmuseen. Innsbruck 2007, 39-44. - Matt, Peter von: Über das Gedicht Allerseelen. In: ders.: Die verdächtige Pracht. Über Dichter und Gedichte. München 1998, 131-132. - Mittermayer, Manfred: Apollo und Pegasus in der Linzer Baumbachstraße. In: Volksblatt-Magazin, 7.11.1986. - Paulin, Karl: Ein Dichterleben in Liedern und Briefen. In: ders.: Tiroler Köpfe. Ausgewählte zeitgeschichtliche Lebensbilder. Innsbruck 1953, 121-147. - Scheichl, Sigurd Paul: Eine Literatur ohne Väter ohne Mütter. Hat Tirol eine literarische Tradition? In: Kulturberichte aus Tirol 2004, Nr. 439-440, 73. - Sonntag, Arnulf: Hermann von Gilm. Darstellung seines Dichterischen Werdegangs. München 1904.