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Adam Lebaldt von Lebenwaldt

Foto: © ÖNB Wien

Geb. 25.11.1624 in Sarleinsbach, OÖ.; gest. 20.5.1696 in Leoben, Steiermark.
Arzt, Pfalzgraf, Poeta laureatus, Epigrammatiker, Sprichwortsammler, Autor medizinischer und zoologischer Fachliteratur sowie volksaufklärerischer Unterweisungsliteratur.

Lebaldt war ein barocker Autor par excellence: ein vielseitig talentierter Poeta doctus mit dem humanistischen Anspruch, zur Tugend und Weisheit zu erziehen; ein kritisch-pragmatischer Geist, der doch der normativen Vorstellungswelt der Gegenreformation verhaftet bleibt; ein Sprachkünstler, dessen literarische Anschaulichkeit und Alltagsnähe einhergeht mit verknöcherten rhetorischen Formalismen. Gingen Zeitgenossen noch von seinem unsterblichen Ruhm aus, ist sein Name heute so gut wie vergessen, ein Teil seines Werks verloren.

Der Marktschreibersohn Johann Adam Christoph Lebaldt besuchte das Linzer Jesuitengymnasium, studierte in Graz Philosophie (‚Magister artium‘ 1648) und ab Herbst 1647 Medizin in Padua, wo er 1652 promovierte. Sein musikalisches Talent stellte er im Jahr des Westfälischen Friedens unter Beweis, den er durch ein nicht erhaltenes "gantzes Musicalisches Amt" (wohl ein Festoratorium) verherrlicht. Als Arzt machte er sich in Graz rasch einen Namen, sodass ihn der Admonter Abt Urban Textor 1655 zum Leib-Medicus und Stiftsarzt ernannte; im Jahr darauf übertrug man ihm auch das Amt als Landschafts-Physikus für das Enns- und Paltental. Schon 1659 wurde dem jungen Mediziner ob seiner Verdienste der Titel eines kaiserlichen Pfalzgrafen sowie das Prädikat ‚von und zu Lebenwaldt‘ verliehen. 1671 musste das Stift den "hochverdienten Arzt" ziehen lassen, da dieser sich nun vor allem der Schriftstellerei widmen wollte - zunächst in Rottenmann, wo sein Freund Johann Georg Schlecht Mauteinnehmer war, nach dessen Dienstwechsel nach Göss im nahegelegenen Trofaiach, wo er das Schloss Stibichhofen erwarb. Das ‚lustige Mayrschaffts-Leben‘ wurde in den Folgejahren allerdings durch Pest, Türkenüberfälle und Arbeiteraufstände soweit getrübt, dass er 1684 nach Leoben zog, wo er 71-jährig starb.

Ein Jahr vor seinem Tod war mit dem Artzney-Buch sein medizinisches Hauptwerk erschienen, ein gelehrtes Kompendium zumal zu den pestartigen Erkrankungen, mit dem sich der erfahrene Praktiker - wie auch mit der Salernitanischen Schul - an ein breiteres Publikum wandte. Nur an Fachleute richteten sich seine 35 lateinischen Observationes in den Schriften der Breslauer Akademie der Naturforscher, die neben medizinischen auch natur- und kulturhistorische Beobachtungen mitteilten. Ein bibliophiles Kuriosum ist Lebenwaldts Damographia Oder Gemsen=Beschreibung, die in den zoologischen und botanischen Erläuterungen aus eigener Beobachtung schöpft und altes Sagengut überliefert. Wie er hier abergläubische Heilserwartungen an ‚Gemswurz‘ und ‚Gemskugel‘ anprangert, ohne sich selbst davon gänzlich lösen zu können, so mischt sich auch in den acht Tractätel Von deß Teuffels List vnd Betrug frühaufklärerische Polemik gegen sündhaft ‚unvernünftigen‘ Aber- und Volksglauben mit einer naiv anmutenden Leichtgläubigkeit, sobald es um katholisch approbierte Praktiken und Rituale ging. Zutiefst teufelsgläubig, verstellte die Angst vor dem Bösen auch ihm nicht selten den analytischen Blick. Literarisch bemerkenswert sind seine epigrammatischen und parömischen Arbeiten, für die er 1679 von Kaiser Leopold zum ‚poeta laureatus‘ gekrönt wurde. Neben drei ‚Centurien‘ lateinischer Monosticha veröffentlicht er auch 100 deutsche Epigramme (Poetische Schimpf= und Ernst=Reden) mit vor allem satirisch-didaktischer Tendenz. Die erste seiner drei Sprichwortsammlungen, 100 welsch gereimbte Sprüch, verweist noch auf Lebenwaldts Italienzeit, auch wenn die deutschen Gegendichtungen später entstanden. Die 255. Leoninischen Verß bringen Maximen und Reflexionen in lateinischen Hexametern, "Mit Teutschen Reimen erläutert", deren holprige Metrik wenig von der zuweilen konstatierten Nähe zum Nürnberger Dichterkreis verrät. Sie punkten vielmehr durch ihre alltagssprachliche Verankerung, bodenständige Bildlichkeit und humorvolle Lebensklugheit. So sind denn vor allem die 301 Sprichwortausdeutungen der Adagia selecta noch heute eine kulturhistorische Fundgrube.

Christian Neuhuber

 

Poetische Reim=Gedicht/ Von dem Lobwürdigen Stand deß lustigen Mayrschaffts=Leben. [o.O., um 1674]. - 100 welsch gereimbte Sprüch. [o.O., um 1675]. - 255. Leoninische Verß/ Mit Teutschen Reimen erläutert. [o.O., um 1675]. - Von deß Teuffels List vnd Betrug. [8 Tractätel] Salzburg 1680-82. - Poetische Schimpf= und Ernst=Reden [um 1683]. - Observationes [35 lat. Abhandlungen]. In: Miscellanea curiosa, 1683-94. - Monostichorum Extemporaneorum Centuria prima, secunda et tertia. Salzburg [um 1684]. - Adagia selecta et illustrata Oder Poetische Vebung Vber 300. alt Teutsch=Lateinische Sprichwörter/ alle mit Reimen erleitert [...]. Salzburg [um 1685]. - Poetischer Frülings=Spaziergang [verschollen]. - Verteutschte Salernitanische Schul/ Oder Lehr=Stücke/ Wie Die Gesundheit langwürig zu erhalten [...]. Frankfurt [1690]. - Damographia Oder Gemsen=Beschreibung[...]. Salzburg [1694]. - Land=Stadt=Und Hauß=Artzney=Buch [...]. Nürnberg 1695

Grabner, Elfriede: Von des Teufels List und Betrug. Die Tractätel des steirischen Arztes Adam v. Lebenwaldt als Quelle zum Volksglauben seiner Zeit. In: Eva Kreissl (Hg.): Kulturtechnik und Aberglaube. Zwischen Aufklärung und Spiritualität. Strategien zur Rationalisierung des Zufalls. Bielefeld 2013, 193-208. - Osterkamp, Ernst: Lebaldt von Lebenwaldt, Adam. In: Neue Deutsche Biographie 14. Berlin 1985, 16-17. - Peinlich, Richard: Doctor Adam von Lebenwald, ein steirischer Arzt und Schriftsteller des 17. Jahrhundertes. Biographische und culturhistorische Skizze. In: Mittheilungen des Historischen Vereines für Steiermark XXVIII (1880), 42-105.  - Perlhefter, Verena: Die Gestalt des ‚Hexenjägers‘ des 17. Jahrhunderts und sein gesellschaftliches und politisches Umfeld. Adam Lebaldt von Lebenwald, Matthew Hopkins und Cotton Mather - Leben, Werke, Werdegänge. Frankfurt/Main 2003. - Sommer, Anton: Studien zu Lebaldt von Lebenwaldts Dichtungen. Wien 1949. - Ders.: Lebald von Lebenwald. Gestalt und Werk. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 49 (1958), 118-136.