Weber wuchs in Niederösterreich auf und lebt heute in Linz. Nach dem Studium der Deutschen Philologie und Geschichte an der Universität Wien arbeitete er zunächst als Übersetzer, Journalist, Sprachlehrer sowie als Berufs- und Sozialpädagoge. Seit 1998 ist er freier Schriftsteller, Filmemacher und Kulturjournalist.
Bereits in seiner ersten eigenständigen literarischen Veröffentlichung, der Kurzgeschichtensammlung Nachtspiel (1996), ist Webers Vorliebe für die klassische amerikanische Erzählliteratur des 20. Jh. zu spüren. Vor allem die Stile, Motive und Texte Ernest Hemingways, F.S. Fitzgeralds und Raymond Chandlers werden wiederholt als literarisches Zitat aufgenommen und in nüchterner Erzählsprache neu angeordnet. Das mehrschichtige literarische Spiel Webers bezieht aber auch Darstellungskonventionen und Topoi anderer Gattungen mit ein, was in seinem ersten Roman Lanz (2004) besonders deutlich zutage tritt.
Die Geschichte spielt in der niederösterreichischen Kleinstadt Lanz, in der kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges die junge Soldatenwitwe Anna Jordan bestialisch ermordet wird. Zwei Jahrzehnte später macht sich ein junger, nach Jahren der Abwesenheit in seine Heimat Lanz zurückgekehrter Literaturstudent an die Ergründung des unaufgeklärten Falles. Eine Reihe eigenwilliger Geschehnisse begleiten seine Nachforschungen. Stärker als die teils nur lose mit der Haupthandlung verknüpften Ereignisse verschleiern aber die unterschiedlich kursierenden Gerüchte und Halbwahrheiten die Suche nach den tatsächlichen Zusammenhängen. Am Ende sieht sich der Erzähler einem verborgenen Pandämonium ungesühnten Verbrechens und nicht eingestandener Schuld vor dem Hintergrund der Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus gegenüber. Webers erster Roman ist ein Krimi, steht aber auch deutlich im Gefolge des kritischen (Anti-)Heimatromans, deren Klischees er aber durch die bruchstückhafte, gebrochene Erzählweise und einen reflektierten Umgang mit beiden Gattungen vermeiden kann (vgl. Schmidt-Dengler 2004).
Die bereits hier angelegte schwelende Auseinandersetzung mit dem schriftstellerischen Leben greift Weber in einigen seiner Kurzgeschichten auf, die er 2007 in dem Erzählband So nicht! veröffentlicht. Dabei auftauchende autobiografische Versatzstücke verdichtet er in dem Roman Veitels Traum (2010). Der junge Tobias Veitel steht an der Schwelle zum Erwachsenenalter, als er sich mit dem eigenartigen Tod seines Vaters konfrontiert sieht, der Gendarm ist, aber gerne Dichter geworden wäre. Sukzessive wird Tobias selbst zum Ermittler, wobei er neben seinem Vater auch über sich selbst und den Großvater, einen ehemals berühmten Literaten, der vor Jahrzehnten seine Familie verlassen hat, erfährt. Wieder greift Weber auf die Grundform des Kriminalromans zurück, vermengt sie mit einer autobiografisch grundierten Coming-of-Age-Geschichte und zeichnet damit sowohl ein Sittenbild der Provinz als auch die verschlungenen Wege zum Schriftstellerdasein (vgl. Gauß 2010).
Eine weitere autobiografische, aber auch literaturgeschichtliche Referenzebene eröffnen die Anspielungen auf den österreichischen Autor Fritz Habeck, dessen Werke Tobias auf der den Roman beschließenden Suche nach seinem Großvater liest, der seinerseits die literarisch-biografischen Züge des später in Vergessenheit geratenen Erfolgsautors der österreichischen Nachkriegszeit trägt. Um das Werk Habecks hat sich Weber auch mehrfach als Herausgeber einiger seiner Texte und ihm gewidmeter Sammelbände philologisch verdient gemacht (vgl. Schmidt-Dengler 1996). Daneben ist Weber Herausgeber von Werken des aus St. Pölten stammenden Schweizer Filmemachers Bernhard Wicki (1919-2000) und des niederösterreichischen Schriftstellers Hermann Gail (geb. 1939). Gemeinsam mit Rudolf Habringer und Walter Kohl begründete er 2002 den Kulturverein Netzwerk Memoria, der oberösterreichische und tschechische SchriftstellerInnen im literarischen Dialog zusammenführt.
Schließlich betätigt sich Weber auch als Filmemacher (Portraits über Fritz Habeck und Hermann Gail) sowie Kurator (Retrospektiven zu Bernhard Wicki und Maximilian Schell, 1930-2014). In dem 2006 erschienenen Film über die Karriere des argentinischen Fußballers Mario Kempes (geb. 1954) sowie der Herausgabe von Texten zum österreichischen Fußball, gemeinsam mit dem Germanisten Wendelin Schmidt-Dengler (1942-2008) zeigt sich eine wie für viele andere AutorInnen der jüngeren österreichischen Literatur charakteristische Vorliebe für dem Ballsport.
Für sein literarisches Werk hat Weber seit 1995 mehrere Stipendien (u. a. des Bundes, des Landes OÖ und der Stadt Linz) und Preise (Förderpreis des Theodor-Körner-Fonds 1998, Anerkennungspreis des Landes NÖ für Literatur 1999) erhalten. Er ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung (GAV).
Martin Vejvar
Nachtspiel. Acht Erzählungen einer Landschaft. Weitra 1996. - Der Speckjäger. Ein Essay über Begegnungen mit dem Schriftsteller und Schriftsetzer Hermann Gail. St. Pölten 1997. -Dear Fritz. Texte und Gespräche über Fritz Habeck. St. Pölten 1998. - Blindbuch. Eine Novelle. Klosterneuburg 2003. - Rebellen. Ein Drama in III Akten. St. Pölten 2003. - Lanz. Roman. Salzburg 2004. - [gem. mit Rudolf Habringer und Walter Kohl:] Stifter reloaded. Ein Dutzend bunter Steine. Wien 2005. - Romans Titten. Erzählung. Horn 2007. - So nicht! Sentimental Stories. Wien 2007. - [gem. mit Walter Kohl:] Ritalin Baby. 7 österreichische und 7 tschechische Geschichten. Weitra 2008. - [gem. mit Wendelin Schmidt-Dengler:] "Als ich einmal Harreither in der Dusche interviewte". 11 Texte zum österreichischen Fußball. Salzburg 2008. - Veitels Traum. Roman. Wien 2010. - [gem. mit Dominica Meindl und Walter Kohl:] 1989. 7 tschechische und 7 österreichische Texte. Eine Anthologie. Weitra 2014.
Bergmayr, Katharina Marie: Lanz - eine zum Staatsroman mutierte Dorfgeschichte. In: Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstandes, 21 (2004), Nr. 2. - Fetz, Bernhard: Das Dorf, die Tat. Andreas Webers Roman Lanz. In: Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2004. - Ders.: Kartoffeln zum Beispiel. In: Falter, 10.10.2007, Nr. 41. - Gauß, Karl-Markus: Der Sohn des Dorfgendarmen. Andreas Weber sucht das Leben in Veitels Traum. In: Neue Zürcher Zeitung, 15.2.2011. - Holly, Claudia: Andreas Weber: So nicht! In: Buchmagazin des Literaturhauses Wien, 12.12.2007. - Schmidt-Dengler, Wendelin: Fritz Habeck: Gedanken in der Nacht. Erzählungen 1948-1958. Hg. von Andreas Weber. Weitra 1995. In: Literatur und Kritik 1996, H. 309/310. - Ders.: Ohne Pathos, ohne Pardon. In: Die Presse (Spectrum), 8.5.2004. - Sturm, Helmut: Andreas Weber: Veitels Traum. In: Buchmagazin des Literaturhauses Wien, 15.8.2010.