Die Autorin begann ihre Arbeit in den 1970er Jahren im Umfeld des Linzer Verlegers und Mentors Heimrad Bäcker, für dessen edition neue texte sie für einige Jahre tätig war. Dort begegnete ihr das, was damals als "experimentelle Literatur" gefasst wurde. Czurdas früheste Bücher im Rainer Verlag und bei Freibord (Fast 1 Leben. Ein Fragment, 1981) sind durchsetzt von der Auseinandersetzung mit eben dieser Literatur. Beide Kennzeichen der "Neuen Poesie", also der spielerische Zug im Umgang mit Sprachmaterial wie auch eine grundlegende Skepsis gegenüber sprachlichen Ordnungen, fließen von Beginn an in ihre Arbeit ein. Und beide Tendenzen radikalisierte die mehrfach, u. a. auch mit dem oberösterreichischen Landeskulturpreis 2000 ausgezeichnete Autorin dann auf ihre eigene Weise.
So werden im Spielhaften der Gedichte einmal aufgestellte Regeln wieder gebrochen; die Sprachskepsis, die letztlich jeden Diskurs ob seiner starr bleibenden Muster beargwöhnt, gestaltet sich umfassend. Gerade hier unterscheidet sich Czurdas Ansatz etwa von dem ihrer Kollegin Elfriede Jelinek (geb. 1946), mit deren Arbeiten ihre seit Mitte der 1980er Jahre entstehende und von einer ideologiekritischen Zuspitzung gekennzeichnete Prosa oft voreilig und unscharf verglichen wird. Heinz-Peter Preußer notiert, dass es, während Jelinek Schockeffekte sprachlich inszeniere, Czurda um die Inversion von Sprache selbst gehe (vgl. Preußer 2004).
Dazu mag passen, dass sich Czurda trotz ihrer präzisen Spracharbeit gegen eine konventionelle 'Werk'-Auffassung richtet und dazu tendiert, als Schreibende selbst zum Element des sprachlichen Vollzugs werden zu wollen. Diese Tendenz prägt v. a. die jüngsten Texte, für die zudem ein Einfluss des Denkens Japans zu vermerken ist, das Czurda - die 1980 nach Berlin zog, was ihr damaliges Schreiben politisierte, und 2007 aus lebenspraktischen Gründen wieder nach Österreich zurückkehrte - immer wieder aufsucht. Ein leichtfüßiges Wandern der Wörter bestimmt die 2001 für das Kunstradio entstandene Arbeit Rondo in P-Dur, zu der Petra Nachbaur bemerkt, dass Czurdas undogmatisches "'Prinzip P' ein Beispiel des Experimentellen im unprätentiösen Sinn" sei (Porträt 2006, 82).
Bekannt wurde Czurda, die auch als Kuratorin etwa für die Wiener "Alte Schmiede" hervortrat, für ihre bei Rowohlt erschienenen Prosabände. Nach den frühesten Arbeiten regte sich der Wunsch, die Arbeit auch in Richtung auf die Möglichkeiten, und damit einhergehend auch auf die Unmöglichkeiten, eines Erzählens zu erweitern. Dies hat sie dann mit Diotima oder Die Differenz des Glücks (1982) und Signora Julia (1985) versucht. Motivisch gekoppelt sind diese Texte mit dem Sujet von Liebesbeziehungen, die durch Idealisierungsmaschinerien verseucht und deshalb unlebbar sind und von den sie reflektierenden Protagonistinnen analysiert und abgelegt werden. Das Thema trifft aber auch den grundlegenden Widerstreit von Vorstellung und Wirklichkeit, der zugunsten einer nicht erhöhenden und nicht erhöhten Wirklichkeit ausläuft.
Den von ihr eingeschlagenen Weg hat sie mit diesen beiden Büchern ausgereizt. Ein neuer Weg war zu suchen; und ein anderes Sujet: Im nächsten Roman (Kerner, 1987) hat der Kleinbürger Kerner seine Tochter vergewaltigt, befindet sich mit Bergkameraden beim Goldschürfen und wartet darauf, dem Bergführer Himmer in seiner Stellung nachzufolgen. Er will vergessen, es gelingt aber nicht. Der ironisch als "Abenteuerroman" untertitelte Text, 1985 in Paris niedergeschrieben, ist keine Geschichte, sondern ein Schwall an Worten und Phrasen. Das Figureninventar ist symmetrisch angelegt, die Positionen werden gegeneinander gestellt, selbst der Berg wird als männliche Höhe und weibliche Höhle gespalten. Der Diskurs ist allmächtig, auch Kerner selbst sein Opfer, und wird deshalb als ganzer torpediert. Das meint, dass in diesen Unterwanderungen von Text nicht nur unentwegt sprachlich vermittelte Stereotypen bloßgelegt werden, sondern darüber hinaus Sprache in Czurdas Verdrehungen so weit austreibt, um "das imaginierende Bewusstsein zu überfordern und in eine permanente Krise des Flimmerns unmöglicher Bilder zu treiben" (Martin Kubaczek, in: Porträt 2006, 72).
Besonders gefangen vom Diskurs sind die Sprachlosen. Ihnen gilt das Interesse in Die Giftmörderinnen (1991) und Die Schläferin (1997), den ersten zwei Bänden einer Trilogie, deren Erarbeitung nach Kerner beginnt. Der dritte Band ist bislang unpubliziert, erste Studien, die noch vor den beiden anderen Bänden entstanden sind, wurden jedoch 2006 unter dem Titel Eine Frau, die schreibt in der Porträt-Nummer der Zeitschrift Die Rampe abgedruckt. In diesen Büchern erfahren wir, dass Sprachnot unter unerträglichen Lebensbedingungen in exzessive Gewalt mündet. In Die Giftmörderinnen, für deren Geschichte Czurda einen echten Fall aus den 1920er Jahren als Schablone heranzieht, tötet Else auf Anregung ihrer Freundin ihren Mann mit Rattengift. Der "Hirnspatz" Else sieht sich dabei gleich einer Trias der Macht gegenüber, die nicht nur Hans heißt, sondern der auch dessen Mutter und die sprachmächtige Erika, die sie zum gemeinsamen Mord überredet, angehören. "Gerede. Das ist alles was in einer Erika drin steckt. Alles was eine Erika sucht ist ein Ziel in das ihr Rede Strom mündet. [...] Eine Else ist so blöd zu glauben, dass Wörter irgend wie kleine Mirakel sind oder so. Daß sie etwas wirken können oder so. So ein Idiot ist eine Else Rinx!" (164)
Auch in Die Schläferin wird ein karges Lebens erinnert, diesmal nicht von "einer" Else aus dem Gefängnis, sondern von "einer" Magdalena vor ihrem Sprung ins Wasser. Die Monologe, Bewusstseinsströme und Dialoge der Figur sind künstlich angelegt. Die Schläferin tötet nicht nur, sie zerstückelt den Leichnam ihres Mannes und friert ihn portioniert ein. Analog dazu gestaltet sich die Sprache portioniert und zerstückelt, etwa wenn die Komposita unentwegt auseinandertreiben. Alles tendiert zur Überdeutlichkeit, die durch ein Staccato kürzester Sätze und Absätze nochmals verstärkt wird. Ein Sog der Unausweichlichkeit entsteht, der im Lesen dieser immer folgerichtigen Geschichten bedrückt. Die Kunstfertigkeit der Czurda'schen Komposition kontrastiert dabei mit der Härte der Handlung und ihrer Inszenierung, die nur noch über die satirische Überhöhung aushaltbar sind.
Waren die frühen Prosabücher begleitet von großteils unter der Regie der Autorin produzierten Hörspielen (u. a. Der Fußballfan oder Da lacht Virginia Woolf, 1982), so entstanden ab Kerner parallel zur Arbeit an der Prosa Sammlungen gedichtartiger Texte. Diese geraten nicht selten als bewusster Unfug. Czurda zielt ebenso darauf, dass gerade im Unernst die Abgründe deutlich gemacht werden können, aus denen sich Bedeutung konstituiert, wie auf die Möglichkeit eines sich durch Unfug ergebenden Sinn-Gewinns. Kreativ steuert sie gegen die der Sprache innewohnende Tendenz zur Verfestigung. Immer wieder behalten diese Gebilde dann auch ihr Eigenleben und werden eben nicht in ein System gezwängt. Die Autorin revoltiert gegen den herrschenden, be-herrschenden (oder auch be-herrschbaren) Text. Von der Lachhaftigkeit aller Klassifizierung schreibt sie in einem Essay über den Künstler André Thomkins (1930-1985). Ein früher Gedichtband ist mit Voik (1993) betitelt, im Untertitel finden sich die Wörter "Stockung" und "Stürme", aber auch "Notat". Genau das sind diese Arbeiten: Mitschriften, die nicht Halt davor machen, den in uns sich ablagernden Sprach-Schutt und -Schund (worauf die Autorin selbst im Vorwort weist) mit auszustellen - ein "lebendiges" Schreiben, das heißt auch Verschmutzungsgrade zuzulassen.
Christian Steinbacher
ein griff = eingriff inbegriffen. Berlin 1978. - Diotima oder Die Differenz des Glücks. Reinbek bei Hamburg 1982. - Signora Julia. Reinbek bei Hamburg 1985. - Kerner. Ein Abenteuerroman. Reinbek bei Hamburg 1987 (erw. Neuaufl. Wien 2009). - Die Giftmörderinnen. Reinbek bei Hamburg 1991. - Voik. Gehirn Stockung Notat Stürme. Graz, Wien 1993. - UnGlüxReflexe. Strategien Starrsinn Stimmungen Strophen. Graz, Wien 1995. - Buchstäblich: Unmenschen. Graz, Wien 1995. - Die Schläferin. Reinbek 1997. - wo bin ich wo ist es. sinds gedichte. Graz, Wien 2002. - ich weiß. 366 mikro-essays für die westentasche. Wien 2008. - Untrüglicher Ortssinn. Kurzprosa & Erörterungen. Berlin 2009. - (gemeins. mit Maria Bussmann:) Ich war nie in Japan. Wien 2010. - Dunkelziffer. Gedichte. Wien 2011. - Buch vom Fließen und Stehen. Überschreibungen. Wien 2014. - (als Hg. gemeins. mit Friederike Kretzen u. Suza-Viola Renninger:) Handbuch der Ratlosigkeit. Zürich 2014.
Dieckmann, Dorothea: was zitterst blödes wort. In: Deutschlandradio, 14.8.2008. - Gürtler, Christa: Über Elfriede Czurda. In: Die Rampe. Hefte für Literatur 2001, H. 1. - Foell, Kristie A.: Elfriede Czurda. Poison and Play. In: Margarethe Lamb-Faffelberger (Hg.): Out from the Shadows. Essays on Contemporary Austrian Women Writers and Film Makers. Riverside 1997, 158-171. - Fraisl, Bettina: Auf-Bruch und Ab-Gesang. Elfriede Czurdas rebellische Tonfolgen. In: Hildegard Kernmayer und Petra Ganglbauer (Hg.): Schreibweisen. Poetologien. Die Postmoderne in der österreichischen Literatur von Frauen. Wien 2003. - Görlacher, Evelyn: Zwischen Ordnung und Chaos. Darstellung und Struktur des Lachens in zeitgenössischen Texten von Frauen, Hamburg 1997. - Kremer, Detlef: Groteske Inversionen. Elfriede Jelineks und Elfriede Czurdas Vernichtung des phallischen Diskurses. In: Markus Heilman und Thomas Wägenbaur (Hg.): Im Bann der Zeichen. Die Angst vor Verantwortung in Literatur und Literaturwissenschaft. Würzburg 1998, 75-87. - Kühn, Renate: Das Rosenbaertlein-Experiment. Studien zum Anagramm. Bielefeld 1994. - Neuner, Florian; Steinbacher, Christian (Hg.): Porträt Elfriede Czurda (= Die Rampe 2006, H. 3). - Preußer, Heinz-Peter: Elfriede Czurda. In: Kritisches Lexikon der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (KLG). Hg. von Heinz Ludwig Arnold. München (Stand: 1.6.2004; erscheint laufend). - Steinbacher, Christian: Czurdas Ars combinatoria oder Die splitternde Anmut des Rauschens. In: wespennest 2012, H. 162. - Tunner, Erika: Einiges über Grenz-Verrückungen: Eindrücke beim Lesen von Elfriede Czurdas Texten Diotima oder die Differenz des Glücks und Signora Julia. In: Germanica 1990, H. 7 (= Grenze und Entgrenzung. Hg. von Nicole Bary), 109-114.