Der in Wels geborene und seit 1995 in Berlin lebende Autor war und ist auch als Herausgeber tätig (insbesondere der IDIOME. Hefte für Neue Prosa, aber etwa auch der Porträt-Ausgaben der Zeitschrift Die Rampe zu Waltraud Seidlhofer und zu Elfriede Czurda). Außerdem arbeitet er als Journalist für Medien wie den Deutschlandfunk zu Fragen Neuer Musik. Beides ist nicht unwesentlich, da Neuner sein Schreiben auf Traditionen des "Experiments" (neben Seidlhofer etwa Helmut Heißenbüttel, 1921-1996, oder Dieter Roth, 1930-1998) bezieht und seine Prosa stets von Reflexionen zu Musik durchwirkt ist.
Von Beginn an setzt sich Neuner zentral mit dem Montage-Verfahren auseinander. "[E]s soll demonstriert werden, wie durch die Zusammenstellung disparater sprachlicher Materialen Zusammenhänge entstehen", ist in Zitat Ende (2007) zu lesen. In dem Buchdebüt Als käme schwarzer Sturm gerauscht (2001) montiert er ambivalente Befindlichkeiten und verknüpft die Themen Lied, Romantik und Homosexualität. Werden die Grundstimmungen der Texte des folgenden Jena Paradies (2004) von Momentaufnahmen konkreter Orte aus entwickelt, so gehen sie in Zitat Ende (2007), wo die Atmosphären zugunsten der exemplarischen Demonstration des Ausreizens des Schreibverfahrens selbst zurücktreten, von Leitsätzen aus. Hier wie dort finden sich Notizen des Banalen, des Bedrohlichen und des Merkwürdigen. Sind im Debütband Zitate noch kursiv ausgewiesen, so tritt das Zitieren in Jena Paradies in eine Grauzone und wird in Zitat Ende, wo ein Ich gänzlich uneinheitlich verwendet wird und schlichtweg alles unter Zitatverdacht steht, an seine Grenzen getrieben. Auch China Daily (2006) setzt sich großteils aus zitiertem Material zusammen; des Autors Blick gilt hier dem Offenlegen der Gelenktheit getroffener Aussagen und den Spuren der Instrumentalisierung.
In der umfangreichen Collage Ruhrtext. Eine Revierlektüre (2010), deren Konstruktion der polyzentralen urbanen Struktur des Ruhrgebiets folgt und patchworkartig Fragmente gegeneinander stellt, greift Neuner wieder auf ein auktoriales Ich zurück: Neben Textstücken, die Überlieferungen unterschiedlicher Provenienz mobilisieren, finden sich als "Dérive" überschriebene Passagen einer strikt subjektiven Aneignung im Bewegen im Hier und Jetzt eines Stadtraums, für die der Autor mit Referenz auf die Situationistische Internationale im Paris der 1950er-Jahre Streifzüge durch die Vorstädte des Ruhrpots unternommen hat. Das Wanderer-Motiv seines Debüts findet nun ein Pendant im Umherschweifen, dem eine Abfolge von Wahrnehmungen und unmittelbaren, von trockenem Humor und melancholischer Ironie gefärbten Kommentaren korrespondiert.
Neuner erhielt mehrere Förderungen und Auszeichnungen, so u. a. das Adalbert-Stifter-Stipendium der Landes Oberösterreich und den Förderpreis zum Heimrad-Bäcker-Preis (beide 2009).
Christian Steinbacher
Und käme schwarzer Sturm gerauscht. Linz 2001. - Jena Paradies. Klagenfurt 2004. - China Daily. Wien 2006. - Zitat Ende. Prosa. Klagenfurt 2007. - Ruhrtext. Eine Revierlektüre. Mit zwei Photoserien von Jörg Gruneberg. Wien 2010. - Satzteillager. Wien 2011. - Moor (oder Moos). Eine den Inseltexten vorgelagerte Textinsel. (Mit einer Photoserie von Jörg Gruneberg.) Ostheim 2013. - Inseltexte. Wien 2015.
Als Hg. (gem. mit Christoph Herndler): Der unfassbare Klang. Notationskonstrukte heute. Wien 2014.
Crauss.: personenschaden! chronologie einer Florian-Neuner-lektüre. In: Kritische Ausgabe 1/2008. - Ders.: Florian Neuner: Jena Paradies. wespennest 142, 2006. - Ernst, Thomas: Von Hölderlin bis Porno. Der Autor Florian Neuner zwischen prosaischer Sprachkunst, queren Subkulturen und literaturpolitischen Kämpfen. In: Atlanta Athens, Roger Behrens, Martin Büsser, Jonas Engelmann und Johannes Ullmaier (Hg.): testcard #19: Blühende Nischen. Mainz 2010. - Fallenstein, Matthias: Textlandschaften: Landschaftstext. In: wespennest 2011, H. 161. - Holzner, Johann: Florian Neuners Prosaprojekt "Ruhr.Text". In: Die Rampe 1, 2010 - Korte, Ralf B.: AUF MONTAGEn. einleitungen zu schlotmann und neuner. In: perspektive. hefte für zeitgenössische literatur 48/49 (2004/2005). - Steinbacher, Silvana: Zwischen Pissparty und Philharmonie. In: Dies.: Zaungast. Begegnungen mit oberösterreichischen Autorinnen und Autoren. Mit Fotografien von Reinhard Winkler. Klagenfurt 2008.