Gustav von Festenberg wächst in einer bürgerlich-aristokratischen Umgebung sehr behütet, aber vaterlos auf. Nach Abschluss seiner Schulzeit immatrikuliert er 1910 an der Universität Wien. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich das ausgeprägte musische Talent als ein Teil seiner Persönlichkeit längst manifestiert. Der angehende Student der Rechte schreibt schon während seiner Gymnasialzeit Gedichte, an deren Verwertung er 1910-15 feilt. Stefan George und Rainer Maria Rilke dienen ihm als Vorbilder. Mit Paula von Preradovic verbindet ihn eine lange Bekanntschaft und die Schwärmerei für Rilke (vgl. Osterleitengasse Nr. 7. In: Wochenpresse, 14.8.1954, 9)
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges muss der wehrpflichtige Festenberg vorerst einrücken, wird aber wegen seiner labilen Gesundheit und seiner schlechten körperlichen Verfassung schon frühzeitig vom Dienst freigestellt. Er schlägt eine Karriere als ziviler Beamter im Dienst der österreichischen Monarchie ein. Sein erster ihm zugewiesener Dienstposten als stellvertretender Bezirkshauptmann liegt im oberösterreichischen Kirchdorf an der Krems, wo er 1916 auf den Maler und Grafiker Carl Anton Reichel (1874-1944) trifft.
1919 wird er als juristischer Fachmann und Stellvertreter des Bezirkshauptmanns in die Bezirksstadt Eferding versetzt. In diesen Zeitraum fällt die Aktivität innerhalb der Innviertler Künstlergilde, zu deren Gründerstamm er neben Alfred Kubin, Hans von Hammerstein-Equord, Johann Nepomuk David, Richard Billinger und anderen zählt. Die beinahe fünfzehn Jahre, die Festenberg bis 1934 fast durchgehend in Eferding verbringt, gestalten sich als ein Zeitraum umfangreichen literarischen Schaffens. So entstehen in dieser Phase die ersten selbstständigen lyrisch-dramatischen Veröffentlichungen, u.a. Die Pantomime der Fächer (1921) sowie Das Buch vom Tanz und Antinous (beide 1920). Diese episch-dramatischen Mischformen schließen stilistisch an die Jugendstilphase in Festenbergs lyrischem Frühwerk an. Andererseits ist Festenbergs enge Verbindung zu Oberösterreich vor allem durch epische Werke des Schriftstellers eindrucksvoll belegt und dokumentiert.
In seinem 1939 erstmals erschienenen Roman Ein Tag wie alle widmet er sich ausschließlich der detaillierten Beschreibung eines Tagesablaufes im Eferding der 1920er-Jahre. Trotz künstlerischer Freiheiten liefert der Autor somit ein wichtiges und einzigartiges zeitgeschichtliches Dokument für die Stadt, insbesonders durch die detailreiche Beschreibung des Stadtzentrums. Erst im Jahr 1956 erscheint das zweite Werk Festenbergs, das sich eingehend mit Eferding beschäftigt, die Novelle Zirkus. Zu deren Beginn gibt der Autor eine eindrucksvolle Landschaftsbeschreibung des Eferdinger Beckens und der Stadt ab: "Ein entzückender kleiner Ort, [...] eigentlich eine Stadt, uralt, befestigt, das heißt, es seien nur noch die alten Wassergräben zu sehen, mit einem wunderhübschen, gemütlichen Platz in der Mitte, einer ehrwürdigen, erstaunlich großen Kirche, einem Flüßchen in der Nähe, und das Ganze eingebettet in eine fruchtbare Ebene, bewacht von bewaldeten Hügeln." (3)
Bis 1934 ist Festenberg als Staatsbeamter tätig. Gemeinsam mit seinem Amtskollegen und Schriftstellerfreund Hammerstein-Equord wechselt er 1934 nach Wien und arbeitet bis zur NS-Besetzung als Sektionsrat im Unterrichtsministerium und im Bundeskanzleramt. Seine produktivste Zeit als Schriftsteller verzeichnet er in den Jahren 1940 bis 1968. Im Zsolnay-Verlag erscheinen die Titel Das stille Tal. Der Weg einer Seele (1937) und Ein Tag wie alle (1939). Festenberg war mit dem Verlagsgründer Paul von Zsolnay persönlich befreundet. Außerdem werden in diesem Zeitraum die Romane bzw. Novellen Ernte des Meeres sowie Geliebte und Ungeliebte (beide 1942), Der Zauberer (1947), Zirkus (1956) und Wiedersehen in Paris (1958) verlegt.
Gustav von Festenberg lebt nach dem Zweiten Weltkrieg als Pensionist und Schriftsteller in Oberösterreich und Wien. Vor allem auf Grund seines politischen Desinteresses und seiner Anpassungsfähigkeit gelingt es ihm, in der einerseits NS-beherrschten, andererseits restaurativen österreichischen Literaturszene seinen Platz zu finden. Er steht zu diesem Zeitpunkt in regelmäßigem Kontakt mit den Autoren Felix Braun, Alexander Lernet-Holenia, Käthe Braun-Prager und anderen österreichischen Autoren. Im Jahr 1959 tritt Festenberg dem österreichischen P.E.N Klub bei.
Den größten Teil seines Lebensabends verbringt er - immer noch schreibend, aber abseits des öffentlichen Interesses - vermehrt im Ausland auf den Inseln Elba und Capri sowie auf dem italienischen Festland. Das literarische Produkt liegt in Form eines Konvoluts an Reiseliteratur (Tagebücher, Essays, Zeitungsartikel, Novellen) im Nachlass des Schriftstellers vor.
Christoph Mattle
Das Buch vom Tanz. München 1920. - Die Pantomime der Fächer. München 1921. - Dosi. Roman. München 1931. - Das stille Tal. Der Weg einer Seele. Roman. Wien, Leipzig 1937. - Ein Tag wie alle. Roman. Wien, Leipzig 1939. - Ernte des Meeres. Roman. Wien 1942. - Geliebte und Ungeliebte. Roman. Wien 1942. - Der Zauberer. Roman. Wien 1947. - Zirkus. Wien 1956. - Wiedersehen in Paris. Linz 1958. - Ich bin gerne ich. Graz, Wien 1964.
Kisler, K. M.: Er war gerne Festenberg. Zum 10. Todestag des Dichters Gustav von Festenberg. In: Niederösterreichische Kulturberichte. Monatsschrift für Kultur und Wissenschaft. Wien 1978. - Ders.: Gustav von Festenberg: Ein Herr schrieb Romane. In: Oberösterreichischer Bilderbogen. St. Pölten 1992. - Mattle, Christoph: Gustav von Festenberg. Eine bio-bibliographische Studie. Univ. Diss. Salzburg 2001. - Ders.: Gustav von Festenberg, Zwischen Schöngeist und Beamtentum. Oberhausen 2002. - Ders.: Personalbibliographie Gustav von Festenberg. Oberhausen 2002. - Ders.: Beinahe in Vergessenheit geraten... Frühe Autographen und Manuskripte des österreichischen Dichters Gustav von Festenberg (1892-1968). In: biblos. Österreichische Nationalbibliothek (Hg.) 2002. - Oberösterreichisches Landesarchiv (Hg.): Hammerstein, Hans von. Erinnerungen und Betrachtungen. Linz 1999. - Rieger, Erwin. Gustav von Festenberg, der Erzähler. In: Neues Wiener Tagblatt. 20. Oktober 1935. - Stadtgemeinde Eferding (Hg.): Gustav von Festenberg. Ein Schriftstellerleben in Eferding. Ried 2003.
Stand: 6.8.2015