Die Idee zur Bildung einer Künstlervereinigung des Innviertels wurde im Juni 1923 bei einem Treffen der Maler Aloys Wach (1892-1940) und Louis Hofbauer (1889-1932) mit dem Mattighofener Forstinspektor Karl Hosaeus in Braunau am Inn geboren. Dazu knüpften sie Kontakte zum Braunauer Bezirkshauptmann und Schriftsteller Hans von Hammerstein-Equord (1881-1947) sowie zum Maler Hugo von Preen (1854-1941), Initiator der Osternberger Künstlerkolonie. Die Gründung selbst erfolgte am 11. November 1923 im Braunauer Gasthof Fink. Erster Präsident der Künstlergilde wurde Hammerstein-Equord, den Vorsitz übernahm von Preen, während Hosaeus die Schriftleitung zufiel. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte Alfred Kubin, der Vereinsname stammte von Aloys Wach.
Zunächst als Zusammenschluss akademischer Maler, Bildhauer und Architekten gedacht, die durch Herkunft, Wohnsitz und Wirken mit dem Innviertel bzw. den Nachbarregionen verbunden waren, öffnete sich die Künstlergilde rasch für Interessenten aus anderen Sparten. 1926 definierte sie sich in ihrer Satzung bereits als "Verein bildender Künstler, Dichter, Komponisten und Kunstfreunde", dem Intellektuelle aus dem gesamten deutschen Kulturraum beitreten konnten. Wenngleich Hans von Hammerstein-Equord die Künstlergilde als einen idealistischen "Freundschaftsbund schöpferischer Menschen" sah, war sie doch von Anfang an eine Interessengemeinschaft zur Förderung künstlerischer Aktivitäten und bildete ein Netzwerk für ihre Anhänger (vgl. Hammerstein-Equord 1930). Schriftsteller unterstützte sie durch Veranstaltungen, Lesungen und Vorträge sowie Verbreitung ihrer Texte. Sie knüpfte Kontakte, etwa um DasPerchtenspiel Richard Billingers für die Salzburger Festspiele 1928 zu vermitteln, oder bot jungen Dichtern eine Plattform, wie Linus Kefer 1932 bei einem Gildenabend in Grieskirchen.
1927-32 erschien im Wiener Eckart-Verlag Adolf Lusers das Jahrbuch der Künstlergilde, für das Karl Hosaeus zuständig war. Es sollte eine Verbindung zwischen Gilde und kunstinteressierter Öffentlichkeit herstellen sowie die rege Vereinstätigkeit widerspiegeln. Der Almanach bot Kostproben aus dem literarischen Schaffen seiner Mitglieder, warb für deren Bücher, sprach aber auch Lektüreempfehlungen aus, z. B. für Franz Stelzhamer. 1933 erschien das Jahrbuch im Selbstverlag, ehe es aus finanziellen Gründen eingestellt wurde. Seit 1931 führte der Verein eine "Schriftenreihe der Innviertler Künstlergilde" zur Herausgabe dichterischer Werke seiner Mitglieder, wie Hans von Hammerstein-Equords Lyriksammlung Tagebuch der Natur und Gustav von Festenbergs Erzählung Dosi.
Um 1930 stand die IKG in größtem Ansehen. Unter den Schriftstellern waren bis dahin u. a. Hermann Bahr, Richard Billinger, Hans Carossa, Gustav von Festenberg, Arthur Fischer-Colbrie, Franz Karl Ginzkey, Otto Hamann, Hans Nüchtern, Georg Stibler, Paul von Thun-Hohenstein und Julius Zerzer beigetreten. Anfang der 1930er Jahre kamen Max Mell, Karl Benno von Mechnow, Hermann Heinz Ortner, Friedrich Schreyvogl und Johannes Würtz hinzu. Gleichzeitig machten sich Zerfallserscheinungen und Mitgliederschwund bemerkbar. Angesichts der politisch-weltanschaulichen Spannungen, persönlichen Differenzen sowie permanenten Geldsorgen erlahmten die Aktivitäten zusehends. Nach dem "Anschluß" im März 1938 sollte die Künstlergilde kulturpolitisch "gleichgeschaltet" bzw. im nationalsozialistischen Sinne umgeformt werden, wozu es nicht mehr kam. Schließlich erklärte Ernst August von Mandelsloh als Bevollmächtigter sie für aufgelöst.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Max Bauböck (1897-1971), der 1934 im Umfeld der Künstlergilde die Innviertler Galerie gegründet hatte, gemeinsam mit dem Rieder Bezirkshauptmann Wolfgang Jungwirth für die Reaktivierung der Institution ein. 1946 bildete sich ein "Reorganisationsausschuß", der vereinsrechtlich die Weichen für das Wiederaufleben der Gilde stellte. Am 26. Juli 1947 konstituierte sich die Innviertler Künstlergilde an ihrem neuen Vereinssitz Ried im Innkreis, erster Präsident wurde der Kirchenmaler Engelbert Daringer (1882-1966). Noch im selben Jahr traten Franz Tumler und Hans Schatzdorfer bei. 1958 lebte das Jahrbuch wieder auf, das in den folgenden Dezennien durch literarische Beiträge der Ehrenmitglieder wie Erna Blaas, Arthur Fischer-Colbrie oder Julius Zerzer sowie von neu gewonnenen Mitgliedern mit geprägt wurde, etwa Franz Braumann, Margret Czerni-Sattlberger, Gertrud Fussenegger, Gottfried Glechner, Hans Hamberger, Franz Xaver Hofer, Eduard Christoph Heinisch, Wilhelm Rager, Franz Rieger, Rupert Ruttmann und Rudolf Weilhartner.
Arnold Klaffenböck
Ankwicz-Kleehoven, Hans: Die Innviertler Künstlergilde. In: Der getreue Eckart 3 (1925/26), 259-276. - Bauböck, Max: 50 Jahre Innviertler Künstlergilde. In: Innviertler Künstlergilde Jubiläumsjahrbuch 1973/74, 7-11. - Berger, Franz: Die oberösterreichische Heimatbewegung. In: Die ostbairischen Grenzmarken 14 (1925), 242-244. - Burgstaller, Ernst: Die Dichter der Innviertler Künstlergilde. Diss. (masch.). Univ. Wien 1928. - Die Innviertler Künstlergilde Braunau am Inn Oberösterreich. Braunau 1931. - Hammerstein[-Equord], Hans von: Kunst und Schaffen der Gegenwart. Die Innviertler Künstlergilde. In: Heimatgaue 9 (1928), 202-206. - Ders.: Sechs Jahre Innviertler Künstlergilde. In: Jahrbuch der Innviertler Künstlergilde 1930, s. p. - Mader, Josef: Die Innviertler Künstlergilde von 1923-1948. Ein Beitrag zur regionalen Kunstgeschichte Österreichs. Diss. (masch.). Univ. Salzburg 1981. - Ders.: Aus den Anfängen der Innviertler Künstlergilde. In: Jahrbuch der Innviertler Künstlergilde 1997/1998, 6-28. - Ders.: In den Mühlen der Zeit. Die Innviertler Künstlergilde 1938-1948. In: Das Innviertel. Porträt einer kulturellen Region. Hg. von A. Pindelski. Steyr 1998, 60-67. - Ders.: Max Bauböck und die Innviertler Künstlergilde. Die Wiederbelebung der Innviertler Künstlergilde nach der NS-Zeit. In: Der Bundschuh 12 (2009), 95-98. - Schiffkorn, Elmar: Die Gründungsgeschichte der Innviertler Künstlergilde. In: Oberösterreichische Heimatblätter 40 (1986), 118-126.