Als literarische Gedenkstätten können nicht nur Museen im klassischen und definitorischen Sinne gelten, sondern auch Geburts- und Wohnhäuser von Schriftstellerinnen und Schriftstellern sowie Gedenkräume oder Einrichtungen, die zumindest einzelne Ausstellungsbereiche einer dichterischen Persönlichkeit widmen. Mit rund 280 Museen, museumsähnlichen Einrichtungen und Sammlungen ist Oberösterreich sicherlich als Museumsland zu titulieren, das Thema Literatur ist hierbei aber quantitativ nicht unbedingt umfangreich vertreten: Nur rund 20 Einrichtungen weisen als einen ihrer Sammlungsschwerpunkte Literatur auf, davon wiederum sind nur wenige dezidiert einer einzelnen schreibenden Persönlichkeit gewidmet.
Von einer besonderen Aura umgeben sind die Geburts- und Wohnhäuser von Literatinnen und Literaten. An erster Stelle ist hier das OÖ. Literaturmuseum im StifterHaus in Linz zu nennen, das nicht nur einen Rundgang durch rund 1000 Jahre Literaturgeschichte in Oberösterreich erlaubt, sondern sich explizit dem Schaffen seines Namensgebers Adalbert Stifter widmet, der hier 20 Jahre seines Lebens bis zu seinem Tod verbrachte. Ebenfalls im StifterHaus untergebracht ist das OÖ. Literaturarchiv, in dem zurzeit 70 dichterische Nachlässe verwahrt werden.
Auch Thomas Bernhard lebte zeitweilig in Oberösterreich, so in seinem 1965 erworbenen Haus in Ohlsdorf bei Gmunden, das ein Jahr nach seinem Tod 1989 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Die mehr oder weniger unveränderte Ausstattung bzw. Einrichtung vermittelt eine lebendige Atmosphäre rund um die Person Thomas Bernhards.
In Großpiesenham (Gemeinde Pramet) ist im Geburtshaus von Franz Stelzhamer, das sich im Besitz des Landes OÖ befindet und vom OÖ Landesmuseum betreut wird, ein Raum (Stüberl) zu besichtigen. Dabei steht nicht so sehr eine Sammlung von Exponaten im Mittelpunkt, vielmehr ist das Haus selbst das wichtigste Objekt und vermittelt bis heute einen guten Eindruck von den bescheidenen Verhältnissen, in denen der Dichter aufgewachsen ist.
Ebenfalls in Großpiesenham befindet sich das in seinem Originalzustand erhaltene und der Öffentlichkeit zugängliche Geburts- und Sterbehaus des Mundartdichters, Geigenbauers und Stelzhamer-Interpreten Hans Schatzdorfer (1897-1969). Es zeigt sich allerdings, dass eine kritische Aufarbeitung mancher (DichterInnen-) Biografie im Zuge der Erinnerungsarbeit noch aussteht. Schatzdorfer zählt zu einem von der NS-Kulturpolitik geförderten Autor und erhielt 1943 den "Gaukulturpreis", eine Tatsache, die bei seinem Gedenken bis dato ausgespart wird.
Als ähnlich problematisch erweist sich die militant-nationale Haltung Ottokar Kernstocks (1848-1928), Schöpfer der Bundeshymne der Ersten Republik und u. a. Verfasser von Gedichten, die etwa in der national-konservativen Münchner Wochenzeitschrift Fliegende Blätter publiziert wurden. Das sogenannte Kernstockhaus in Gampern hält die Erinnerung an den dichtenden Priester wach, ohne dass allerdings dessen ideologische Haltung thematisiert werden würde. Zudem fehlt beim Kernstockhaus, das in erster Linie als Heimatmuseum fungiert, ein konkreter lokaler Bezug des Dichters zum Ort Gampern.
Eine unmittelbare Verbindung zur Gemeinde Molln ist dagegen sowohl bei Marlen Haushofer als auch beim 1974 verstorbenen Stifterforscher Otto Jungmair (1889-1974) gegeben, der sich in seinem eigenen dichterischen Schaffen primär mit der Mundart auseinandergesetzt hat. Beiden in Molln geborenen Literaten ist im "Museum im Dorf Molln" ein Ausstellungsbereich gewidmet.
Ein dezidiert einem einzigen Schriftsteller gewidmetes Museum hat die Marktgemeinde Saxen vorzuweisen: Das Strindbergmuseum thematisiert die Aufenthalte des schwedischen Dichters August Strindberg gemeinsam mit seiner Frau Frida Uhl zwischen 1893 und 1896 in der Region Strudengau bzw. in Saxen u. a. anhand von Fotomaterial, Briefen und Originalmanuskripten.
Daneben halten einige weitere Museen in Oberösterreich die Erinnerung an dichterische Persönlichkeiten wach: Das Heimatmuseum in Schwarzenberg am Böhmerwald nimmt Bezug auf Stifters Tätigkeit als Schulinspektor. Es befindet sich in einem historischen Schulgebäude, das seinen Überlegungen entsprechend adaptiert wurde, und widmet sich der engen Bindung des Dichters an den Böhmerwald. Im Heimathaus der unweit gelegenen Gemeinde Ulrichsberg, wo an die Heimatdichterin Pauline Bayer (1892-1980) erinnert wird, befindet sich auch die sogenannte "Adalbert Stifter Stube". Ebenfalls im Mühlviertel befindet sich das St. Veiter Geschichte(n)haus, das im Rahmen einer Zeitreise durch die Geschichte des Ortes den Priesterdichter Heinrich Suso Waldeck (d. i. Augustin Popp) vorstellt, der dort seine letzten Lebensjahre verbrachte.
Weniger beachtet wird der Richard-Billinger-Gedenkraum in St. Marienkirchen bei Schärding, dem Geburtsort des Dichters Richard Billinger, wobei auch hier eine kritische Auseinandersetzung mit dem während der NS-Zeit erfolgreichen Schriftsteller fehlt, obgleich diese in Form umfangreicher wissenschaftlicher Arbeiten durchaus existiert (vgl. etwa Kastberger/Strigl 2014) - sein Nachlass befindet sich im Adalbert-Stifter-Institut in Linz.
In unmittelbarer Nähe von Schärding befindet sich das zum OÖ. Landesmuseum gehörende Kubin-Haus in Zwickledt, dem langjährigen Wohnort des bedeutenden Grafikers und Buchillustrators Alfred Kubin, wo Ausstellungen zu sehen sind. Dort entstand auch sein einziges literarisches Werk Die andere Seite (1909).
Einen speziellen Aspekt im Kontext der Literaturmuseen setzt das Schrift- und Heimatmuseum Bartlhaus in Pettenbach. Hier werden Beispiele aus dem reichen Werkschaffen des österreichischen Grafikers und Kalligrafen Friedrich Neugebauer (1911-2005) wie Handschriften, Buchgestaltungen und angewandte Schriftgrafik gezeigt. Zu den Ausstellungsstücken des Museums gehören auch die Werke von Leopold Feichtinger (1919-1993), der mehrere umfangreiche Bücher - u. a. Goethes Faust, Schillers Wilhelm Tell und Hölderlins Hyperion - mit der Hand geschrieben sowie eine Vielzahl von Exlibris geschaffen hat.
Im Benediktinerstift Lambach werden herausragende Beispiele der mittelalterlichen Schreibschule in einer Dauerausstellung präsentiert. Zudem verwahrt das Stiftsarchiv literarische Zeugnisse vom beginnenden Hochmittelalter (vgl. etwa Lambacher Dreikönigsspiel) bis hin zu P. Maurus Lindemayr, einem der bedeutendsten Ordensdramatiker Österreichs im 18. Jh. Auch in den Bibliotheken und Archiven zahlreicher anderer Stifte, so etwa in Mondsee oder Kremsmünster, befinden sich zum Teil sehr wertvolle Bestände historischen Schrifttums (vgl. u. a. Mondseer und Lambacher Liederhandschriften, Codex Millenarius Maior).Weiters bietet das historische Stadttheater Grein einen anschaulichen Einblick in die bürgerliche Theaterkultur im ausgehenden 18. Jh. Das im selben Gebäude beheimatete Stadtmuseum zeigt u. a. Beispiele aus dem Theaterfundus.Im weitesten Sinn kann man auch diese letztgenannten Einrichtungen als literarische Gedenkstätten bezeichnen.
Klaus Landa
Braun, Peter: Dichterleben - Dichterhäuser. München 2005. - Die Stellwand. Österreichische Zeitschrift für Museen und Sammlungen 21 (2013), H. 2 (Buchstabenhäuser. Literatur und ihre Schöpfer als Museumsthema). - Heimat.Körper.Kunst. Richard Billinger Album. Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung. Hrsg. vom StifterHaus - Zentrum für Literatur und Sprache in OÖ. Linz 2013. - Jungmair, Otto: Adalbert Stifters Linzer Wohnung. Vierteljahresschrift des Adalbert-Stifter-Instituts des Landes OÖ 1993, H. 3/4 (2. Aufl. Linz 2006). - Kastberger, Klaus; Strigl, Daniela (Hg.): Heimat.Körper.Kunst. Richard Billinger Symposium. Linz 2014. - Klaffenböck, Arnold: Literatur im Reichsgau Oberdonau 1938-1945. In: Birgit Kirchmayr (Hg.): "Kulturhauptstadt des Führers". Kunst und Nationalsozialismus in Linz und Oberösterreich. Weitra 2009, 161-184. - Ders.: Richard Billinger. Ambivalenzen eines Erfolgsautors. In: Birgit Kirchmayr (Hg.): "Kulturhauptstadt des Führers". Kunst und Nationalsozialismus in Linz und Oberösterreich. Weitra 2009, 203-208. - Kulturbericht Oberösterreich. Literaturmuseen in Oberösterreich. Beilage zum Kulturbericht OÖ 2005, H. 7. - Plachta, Bodo: Dichterhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Stuttgart 2011. - Schmied, Wieland und Erika: Thomas Bernhard. Leben und Werk in Bildern und Texten. St. Pölten, Salzburg 2008. - Stifter Orte. Erinnerungsstätten und Denkmäler. Vierteljahresschrift des Adalbert-Stifter-Instituts des Landes OÖ 1993, H. 1/2 (2. Aufl. hg. vom Adalbert-Stifter-Institut des Landes OÖ. Linz 2005).
Stand: 11.4.2016