Suzan Wittek wurde in Ebensee als Tochter des aus Hall in Tirol stammenden Salzspediteurs Andrä Jud und seiner Frau Karoline (geb. Preimesberger) geboren; ihr Urgroßvater mütterlicherseits war der oberösterreichische Mundartdichter Josef Theodor Fischer (1802-1847). Nach der Volksschule besuchte sie von 1911-14 das Lyceum Ort in Gmunden, ab 1914 in Salzburg, wo sie 1917 maturierte. Von 1918-28 studierte sie in Wien und Paris Germanistik und Französisch. 1922 heiratete sie in Salzburg den Juristen Franz Wittek von Salzberg. Nach Besuchen in England und Italien hielt sie sich 1932-36 in Japan (vorwiegend Tokyo) auf, wo sie sich intensiv mit der fernöstlichen Kultur und Sprache beschäftigte und als Sprachlehrerin sowie vertretungsweise als Sekretärin des österreichischen Konsulats arbeitete. Nach einem kurzen Aufenthalt 1938 in den Niederlanden war sie mit der Mitarbeit am Handbuch der Japankunde (1941) betraut, 1942 erschien ihr Roman Melodie aus Japan, der später unter dem Titel Melodie zur Bambusflöte (1949) neu aufgelegt wurde und den Thomas Bernhard anlässlich einer Lesung Witteks gemeinsam mit Erna Blaas in der Volkshochschule Salzburg besprach und ihm als "ein Stück mysteriöses und gegenwärtiges Japan" erschien (Bernhard 2016, 22.1, 380). Den sozialgeschichtlichen Hintergrund des Buches, in dessen Zentrum ein junger Mann steht, bildet die im Fernen Osten starke Machtstellung vorwiegend älterer Frauen und Mütter.
1951-55 erteilte Wittek den US-Alliierten in Salzburg deutschen Sprachunterricht. Danach begann sie sich erneut ihren japanologischen Studien zu widmen, ohne dass es zu einem neuerlichen Aufenthalt in Japan gekommen war. Es erschienen einzelne Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften, u. a. der Zeitschrift für Japanologie Nippon und dem Jahrbuch Stillere Heimat, auch im österreichischen Rundfunk wurden einzelne Arbeiten Witteks vorgestellt. Der historische Essay Die Japanerin sowie ihre Prosaübersetzungen aus dem Japanischen - Natsume SÅsekis Botchan (dt. Der Tor aus Tokio) und Tanizaki Jun'ichirÅs Shunkinsho (dt. Shunkinsho - Biografie der Frühlingsharfe) - blieben unveröffentlicht. Die letzten Lebensjahre verbrachte Wittek wieder in ihrem Geburtsort Ebensee, wo sich auch ihre Grabstätte befindet.
Eine ausführlichere Darstellung widmet ihr Walter Pilar in Lebenssee II, der mit Wittek als Jugendlicher bekannt war, einzelne ihrer Texte zitiert und somit als einer der wenigen an die heute vergessene Autorin erinnert, die immerhin mit Richard Billinger, Franz Theodor Csokor, Ludwig von Ficker, Alfred Kubin, Stefan Zweig u. a. bekannt gewesen war, wovon ihre in verschiedenen österreichischen Archiven (u. a. auch im StifterHaus) verstreut lagernde Korrespondenz zeugt.
Bernhard Judex
Melodie aus Japan. Roman. Berlin 1942 (Neuaufl.: Melodie zur Bambusflöte. Ein Japanroman. Wien 1949). - Wird Japan christlich? In: Der Turm. Österreichische Monatsschrift, 1 (1946), H. 9, 241-243. - Schatten über Marzane. In: Stillere Heimat 1954. Hg. vom Kulturamt der Stadt Linz, 66-78. - An ein japanisches Kind. In: Stillere Heimat 1955. Hg. vom Kulturamt der Stadt Linz, 128-130. - Sakura. In: Stillere Heimat 1954. Hg. vom Kulturamt der Stadt Linz, 23-26. - Ein Fächer aus weißer Seide. Linz 1963. - Suzukisan. In: Volksblatt 1963, Nr. 301. - Das klassische japanische Theater. In: Volksblatt 1964, Nr. 230. - Der Weg der Götter. In: Volksblatt 1964, Nr. 236. - Kinder im Frühling 1945. In: Volksblatt 1965, Nr. 106.
Mitarbeit an: Japan-Handbuch. Nachschlagewerk der Japankunde im Auftrage des Japaninstituts Berlin hg. von Martin Ramming. Berlin 1941.
Bernhard, Thomas: Erna Blaas und Suzan Wittek. In: ders.: Journalistisches, Interviews, Reden. Hg. von Wolfram Bayer, Martin Huber und Manfred Mittermayer. Berlin 2015 (= Werke, Bd. 22), Bd. 1, 380. - L.K.: Melodie aus Japan. Suzan Wittek zum 26. März 1964. In: OÖ. Kulturbericht, Jg. 18, Folge 10, 27.3.1964, o. S. - Pilar, Walter: Lebenssee II. Klagenfurt, Wien 2002, 14-49.