Suche
Hauptinhalt

Bad Goisern

© Ansichtskartensammlung Stift St. Florian

Die im Süden des Landes gelegene Marktgemeinde zählt 7.598 Einwohner und liegt auf 500 m Seehöhe.

Die bemerkenswerteste Persönlichkeit aus Goisern, das sich erst seit 1955 "Bad" nennt und seit 2008 den Zusatz "am Hallstättersee" trägt, ist Konrad Deubler (1814-1884). Deubler bestritt seinen Lebensunterhalt als Müller, Bauer und Wirt und erlangte als autodidaktischer "Bauernphilosoph" Berühmtheit. Mitte der 1840er Jahre gründete er unter den Hallstätter Salinenarbeitern einen Leseverein, 1848 sympathisierte er mit der Revolution. Seine kritischen Äußerungen sowie der Besitz "staatgefährdender" Bücher brachten ihm vier Jahre Gefängnis und Verbannung ein, 1857 wurde er begnadigt. 1870/71 war er Bürgermeister von Goisern. Deubler trat mit den Schriftstellern und Denkern, deren Bücher er las, in brieflichen Kontakt. Er begann seine Anschreiben stets mit einer Captatio benevolentiae - an Ludwig Anzengruber etwa schrieb er 1862: "Großer Mann! Verzeihen Sie einem Mann aus den untersten Schichten der menschlichen Gesellschaft, der es wagt, Sie mit einem Schreiben zu belästigen." (Deubler 1886, 281) Das Werk Ludwig Feuerbachs beeinflusste ihn am stärksten, Feuerbach besuchte ihn auch in Goisern. Für die kontaktierten Autoren konnten Deublers Briefe (oder seine Freundschaft) als Belege ihrer gelungenen Wirkung auf das "Volk" dienen. Mehrmals regte Deubler bei seinen Briefpartnern an, deren Erkenntnisse "volkstümlich", leicht verständlich zu vermitteln.

Für den 1922 in Goisern geborenen Franz Kain war das Aufwachsen in einer armen Landgemeinde, die durch die Forstwirtschaft bestimmt ist, prägend. Kain besuchte auf Initiative seiner Mutter das "Stephaneum" in Goisern, bereits als Schüler betätigte er sich politisch und wurde im "Ständestaat" als 14-Jähriger wegen Verteilung illegaler Flugschriften inhaftiert. Da nach der Inhaftierung ein weiterer Schulbesuch nicht möglich war, arbeitete er als Holzknecht. Kain, der 1941 erneut inhaftiert und in ein Strafbataillon versetzt wurde, kehrte 1945 nach der Kriegsgefangenschaft in den USA für kurze Zeit nach Goisern zurück, bevor er 1946 als Redakteur der Neuen Zeit nach Linz ging. Die Arbeit als Waldarbeiter im "Freigedinge", also ohne Anstellung, beeinflusste vor allem zwei seiner Werke. Im Roman Der Föhn bricht ein (1962) erklärt er, warum in dieser Gegend die Forstwirtschaft vorherrscht: "Vor Hunderten von Jahren nämlich waren die Habsburger sehr froh gewesen, wenn sich im Salzkammergut überhaupt Menschen ansiedelten, denn sie brauchten dringend Arbeitskräfte für die Salzbergwerke, die eine wichtige Einnahmequelle bildeten. Da das Land karg und rauh war und kaum Getreide hervorbringen konnte, wurden die Siedler mit großzügigen Holzrechten ausgestattet." (242) Auch in Die Lawine (1959) finden sich Beschreibungen der Forstarbeit und der Beziehung zum Wald: "Bäume fällen ist eine Sache. Eine andere ist es, mit den Bäumen zu leben." (22)

Peter Altenberg, der wohl sämtliche Sommerfrischen Österreichs bereiste und beschrieb, widmet eine seiner Prosaminiaturen aus dem 1901 erschienenen Band Was der Tag mir zuträgt Goisern. Der Ich-Erzähler gibt sich in diesem Text dem Lustwandeln auf einer Landstraße, der abendlichen Stimmung und, wie so oft bei Altenberg, der Bewunderung von Mädchen hin: "Rechts und links weite umzäunte Wiesen und Villen mit Holz-Veranden. Auf den Veranden waren Menschen mit der Sommer-Patina auf dem Antlitz, in lichten Gewändern, um Tische herum, auf welchen weiße Petroleumlampen brannten. Ein junges Mädchen saß abseits, dehnte und streckte sich vor Langeweile." (Altenberg 1913, 256)
Ebenfalls eine kurze Episode, wenn auch nicht textlicher, sondern biografischer Natur, nimmt Goisern bei Arnolt Bronnen ein: Im Sommer 1943 flieht er vor einer drohenden Inhaftierung aus Berlin hierher, nach seinem Militäreinsatz wurde er von Mai bis Juli 1945 als Bürgermeister eingesetzt - ein "viel zitierter und umstrittener" Abschnitt in Bronnens Leben, denn ein ",objektives‘ Bild wird sich für eine zweimonatige Tätigkeit im wirren ,Umbruch‘ nicht erzielen lassen". (Aspetsberger 1995, 675)

Wolfgang Straub

 

Altenberg, Peter: Was der Tag mir zuträgt. Berlin 1913. - Aspetsberger, Friedbert: ,arnolt bronnen‘. Biographie. Wien u. a. 1995. - Deubler, Konrad: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Hg. von Arnold Dodel-Port. Leipzig 1886. - Kain, Franz: Der Föhn bricht ein. Roman. Berlin 1962. - Ders.: Die Lawine. Erzählung. Berlin 1959.