In seinen Romanen und Erzählungen entwickelte er eine an Richard Wagner geschulte "Leitmotivtechnik" und verwob mit souveräner Ironie Probleme der Künstlerexistenz, Mythologisches, Biographisches sowie Politisches miteinander. Neben dem erzählenden liegt ein bedeutendes essayistisches Werk vor, das seine Wandlung vom "unpolitischen" Ästheten zum demokratischen Weltbürger und engagierten Gegner der Nationalsozialisten widerspiegelt.
Mann war der österreichischen Literatur und Kultur durchaus verbunden. Er schätzte Adalbert Stifter als einen "der [...] heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur" (GFA 19/1, 511) und verkehrte mit österreichischen Autoren, Künstlern und Denkern. Österreicher finden sich auch in den Reihen seiner Gegner, etwa Robert Musil, Joseph Roth, Friedrich Torberg sowie Thomas Bernhard oder Peter Handke.
Zwischen 1896 bis 1952 besuchte Mann Österreich insgesamt 23-mal, davon weilte er dreimal in Oberösterreich (vgl. Zeder 2001, 17). Ende Juli 1896 machte er, von Wien kommend, im Hotel zur Post in Unterach am Attersee Station. Man vermutet, dass er in Wien keine künstlerische Prominenz antraf, da sich diese auf Sommerfrische befand. Unterach, vor allem der "Berghof" des Komponisten Ignaz Brüll (1846-1907), war ein wichtiger Sommertreffpunkt von Komponisten und Musikern, auch Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal zählten zu den Gästen.
Manns zweiter Aufenthalt in Oberösterreich fiel, 55 Jahre später, ins Jahr 1951. Nach einem Aufenthalt in der Schweiz reiste er nach Österreich weiter, wo er bei den Salzburger Festspielen lesen sollte. Er verbrachte die Zeit von 2. bis 11. August in Strobl am Wolfgangsee, wo sich sein Sohn Michael mit seiner Familie eingemietet hatte. Er sah seinen Enkel Frido wieder und unternahm mit ihm eine Fahrt nach Bad Ischl (4. August) sowie einen Bootsausflug nach St. Wolfgang. Am 5. August speiste er mit Liesel Frank, der Witwe des Schriftstellers Bruno Frank (1887-1945), im "Weißen Rössl" in St. Wolfgang zu Abend, am 6. August unternahm er eine Fahrt über St. Gilgen nach Unterach, um dort seinen Verleger Gottfried Bermann-Fischer (1897-1995) zu besuchen.
Manns letzter Aufenthalt in Oberösterreich war von Familienzwistigkeiten im Schatten der weltpolitischen Spannungen beeinträchtigt. Nach dem Vortrag Der Künstler und die Gesellschaft am Salzburger Mozarteum (10. August 1952, Internationale Sommerakademie) verbrachte er eine Woche am Wolfgangsee (bis 19. August 1952) wieder mit Michael und seiner Familie, die in Strobl wohnten. Auch Tochter Erika und Sohn Golo waren anwesend. Mann war nervös, die Arbeit an der Novelle Die Betrogene (1953) stockte, mit Golo kam es sogar zum Eklat: Er hatte den sowjetkritischen Publizisten Melvin Joseph Lasky (1920-2004) eingeladen, in dem Erika (nicht unberechtigt) einen amerikanischen Agenten witterte. Die Unternehmungen mit den Enkelkindern Frido und Toni, etwa Bootsfahrten auf dem Wolfgangsee, Spaziergänge oder Besuche von Konditoreien, scheinen Mann hingegen Freude bereitet zu haben. Die "Pension Appesbach" in St. Wolfgang, in der Mann diesmal wohnte, wirbt heute mit einem "Thomas-Mann-Zimmer".
Markus Kreuzwieser
Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Frankfurt/Main 2002ff. (= GFA) - Gesammelte Werke in 13 Bänden. Frankfurt/Main 1990. - Tagebücher 1951-1952. Hg. von Inge Jens. Frankfurt/Main 1993.
"Die Welt ist meine Vorstellung". Eine Einführung in die Große kommentierte Frankfurter Ausgabe der Werke von Thomas Mann. Hg. vom S. Fischer Verlag. Frankfurt/Main 2001. - Heine, Gert; Schommer, Paul (Hg.): Thomas Mann Chronik. Frankfurt/Main 2004. -Koopmann, Helmut (Hg.): Thomas-Mann-Handbuch. 3. aktual. Aufl. Frankfurt/Main 2005. - Kreuzwieser, Markus: "Trotz akustischer Schwierigkeiten ehrenvoller Verlauf"-Thomas Mann in Salzburg. In: Österreich in Geschichte und Literatur 41 (1997), H. 3-4, 261-276. - Kurzke, Hermann: Die politische Essayistik. In: Helmut Koopmann (Hg.): Thomas-Mann-Handbuch, 696-707. - Mann, Michael: Thomas Mann und Österreich. In: Austriaca. Beiträge zur österreichischen Literatur. Festschrift für Heinz Politzer zum 65. Geburtstag. Hg. von Winfried Kudszus und Hinrich C. Seeba. Tübingen 1975, 376-380. - Zeder, Franz: Thomas Mann in Österreich. Siegen 2001. - Ders.: Der "Österreicher" Thomas Mann. In: Thomas Mann Jahrbuch 16 (2004), 23-33.