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Literarische Zeitschriften in OÖ. seit 1945

Das Gros der literarischen Zeitschriften in OÖ. bilden - wie im übrigen Österreich - vielfach kurzlebige Gründungen von literarisch-kulturell engagierten Kleingruppen oder Vereinen. Die Bandbreite ästhetischer Ausrichtungen reicht dabei von traditionell-heimatkundlichen über sprach- und formreflexiven bis zu interdisziplinären Positionen.

Die unmittelbare Nachkriegszeit brachte in OÖ. einige unbeständige Literatur- und Kulturzeitschriften hervor. Privat engagierte Initiativen, wie sie vereinzelt ab den 1950er-Jahren, hauptsächlich aber seit den 1970er-Jahren die österreichische Zeitschriftenlandschaft prägten, waren nach Kriegsende undenkbar. Der Verlag Johann Schönleitner mit Sitz in Aichkirchen bei Lambach, Linz und Wien trat 1946 gleich mit zwei Gründungen hervor, nämlich mit Feierstunde (1946/47, ab Heft 3 Feierabend), die als Zeitschrift der leichten Muse in erster Linie unterhalten wollte, und Schönleitners Monatshefte (1946-48), die auch dazu bestimmt waren, die Produkte des Verlages zu bewerben. An beiden Unternehmungen war Maximilian Narbeshuber (1896-1963) als Redakteur beteiligt. Weitgehend an internationaler Kulturvermittlung orientiert war der Weltspiegel (verantwortet vom alliierten British Information Branch 1946 in Linz). Auf nur drei Ausgaben brachte es die Zeitschrift Der Spiegel (1946) aus Gmunden. 1950 übersiedelte aus Innsbruck das 1946 gegründete Satireblatt Die Leuchtkugel nach Linz, wo es ein Jahr später eingestellt wurde.

In den 1950er-Jahren waren literarische Periodika noch rarer. Der oberösterreichische Künstlerbund trat zunächst mit der Vereinszeitschrift Die Silberrose (1951/52) hervor, in der neben den Mitverantwortlichen Karl Emmerich Baumgärtel (1887-1958) und Joseph Hieß (1904-1973) auch jüngere Autorinnen und Autoren wie Ilse Aichinger, Dora Dunkl, Vera Ferra-Mikura (1923-1997) sowie die späteren Zeitschriftenbetreiber Heimrad Bäcker und Kurt Klinger veröffentlichten. 1954/55 versuchte sich der Künstlerbund mit Die Sammlung ein weiteres Mal, fokussierte die Inhalte aber zusehends auf den Informationszufluss für Mitglieder. Zwischen 1950 und 1952 (vier Hefte) unternahm Kurt Klinger mit Von Mensch zu Mensch das Wagnis einer selbstverantworteten Zeitschrift und wollte damit der jungen Generation ein Forum bieten, was u. a. von Jeannie Ebner (1918-2004), Franz Kain, Hanns Weissenborn (geb. 1932) und Karl Wiesinger angenommen wurde.

Ab den 1960er-Jahren wurde das Angebot allmählich vielfältiger. Mit den Mühlviertler Heimatblättern (1961-1994; ab 1982 Mühlviertler Kulturzeitschrift) der Mühlviertler Künstlergilde im Oberösterreichischen Volksbildungswerk (seit 2001 Zülow Gruppe) und den Mitteilungen des Stelzhamerbundes Linz (seit 1965 unter verschiedenen Titeln, seit 2010 wortgarten) konnten sich gleich zwei Vereinsgründungen über Jahrzehnte hinaus etablieren. Im Gegensatz zu den Mitteilungen des Stelzhamerbundes, die durchwegs als Informationsblatt des Verbandes zu begreifen sind und sich insbesondere für die Pflege und Verbreitung der oberösterreichischen Mundart einsetzen, banden die Mühlviertler Heimatblätter als Organ einer spartenübergreifenden Vereinigung neben literarischen Beiträgen auch bildende Kunst oder Architektur ein. 1993 erschien die Zeitschrift in deutscher und tschechischer Sprache, ehe sie nach einem Relaunch 1994 eingestellt wurde.

Progressiver wurde die Zeitschriftenlandschaft durch die beiden Linzer Periodika Polyphem (1963/1964) und vor allem Heimrad Bäckers neue texte (1968-91). Während die von Werner Slezak herausgegebene Zeitschrift Polyphem trotz prominenter (über-)regionaler Beiträger wie Gerald Bisinger (1936-1999), Herbert Eisenreich, Elfriede Gerstl (1932-2009) sowie Hermann Friedl, Franz Kain und Franz Rieger in nur drei Heften erschien, konnte Bäcker mit neue texte und dem 1975 daraus hervorgegangenen Verlag edition neue texte der (internationalen) Sprachavantgarde einen fixen Platz einrichten. Einen ungezwungeneren Zugang und eine große Portion (Selbst-)Ironie präsentierte der Perger Gerhard Pilz (geb. 1942) mit Eselsmilch (1968-78, ab 1972 eselsohr), die als nicht käuflich zu erwerbende Zeitschrift Texte u. a. von Manfred Chobot (geb. 1947), Franz Kain, Christian Wallner und Karl Wiesinger bot. Beispielhaft hervorzuheben aus einer Reihe vornehmlich von jungen Autorinnen und Autoren in Linz gegründeten, meist kurzlebigen Zeitschriften wie pot (1970/1971), Leerräume (1972-80) oder checkpoint (1974-76, auch Graz), ist die von Manfred Frosch herausgegebene Zeitschrift Einblick (1979-82), die jeweils heftfüllend eine Autorin oder einen Autor vorstellte (u. a. Christine Hocheder, Franz Kabelka, Ludwig Laher oder Richard Wall).

Mit der 1975 gegründeten Zeitschrift Die Rampe schaltete sich das Land OÖ. in die aktive Nachwuchsförderung ein. In den 40 Jahren ihres Bestehens haben - trotz prinzipiell überregionaler Ausrichtung - über die Generationen hinweg so gut wie alle oberösterreichischen Autorinnen und Autoren, die an die Öffentlichkeit drangen, hier ihren Platz gefunden. Wenn Die Rampe, die - seit 2005 vom Adalbert-Stifter-Institut des Landes OÖ. / StifterHaus in Linz betreut - einen wichtigen Platz in der Literaturförderung des Landes eingenommen und nicht zuletzt durch die ansonsten seltene Möglichkeit der Honorierung von Beiträgen einen hohen Stellenwert genießt, wurde und wird die Zeitschriftenlandschaft nach wie vor durch ‚semiprivate‘ Initiativen entscheidend mitgeprägt.

Während in der Landeshauptstadt mit den zwei beständigen Kulturzeitschriften Alternativ-Magazin (1979-98) und Der Greif (1987-2006, auch Bad Hall) eine gewisse Stagnation zu bemerken und erst in den 1990er-Jahren mit 99 (seit 1992, auch Losenstein, Herausgeber Walter Wippersberg), Grenzen der Phantasie (1993-98), kursiv (1994-2003, seit 2005 von Gottfried Hattinger [geb. 1950] als Jahrbuch konzipiert) und hillinger (1995-97) wieder mehr Bewegung zu spüren war, wurden in anderen Regionen immer wieder Neugründungen unternommen. Eine einzige Doppelnummer von pensum litterarum (vermutlich um 1979) der "ebenseer literaturgruppe pensum litterarum" zeigt den ambitionierten Versuch, unbekannte regionale Autoren mit (hauptsächlich) bereits etablierten Vertretern der österreichischen Literaturszene (u. a. Gerhard Amanshauser, 1928-2006; Walter Pilar; Peter Rosei, geb. 1946; Richard Wall) zu vereinen. Im benachbarten Traunkirchen gab die "Bildmanufaktur Traunsee" von Hans Kienesberger (geb. 1948), Walter Pilar und Peter Putz (geb. 1954) die Kunst- und Literaturzeitschrift Der Traunseher (1978-81) heraus. In Gmunden edierte Robert J. Koc die Blaetter fuer das Wort (1963-93), die sich allerdings über die drei Jahrzehnte ihres Erscheinens neben dem Herausgeber Koc einer nur sehr kleinen Beiträgerschar öffneten, sowie die beiden kurzlebigen Literaturzeitschriften Abraxas (1988) und Nachtmeerfahrt (1989/90) des Vereins "Abraxas - Kreis junger Autoren". In Wels erschienen Talung (1978-81, auch Pinsdorf), Kultur + Ferien (1979-81), Der Literat (1985) und Pangloss (1988/89). In Bad Ischl wurde neben den zwei flüchtigen Erscheinungen der 1980er-Jahre Der Wilderer (1987/88) und einer einzigen Ausgabe von Der Claqueur (1989/90) auch der Grundstein für die Literaturzeitschrift perspektive gelegt, die hier 1977 als Schülerzeitschrift gegründet wurde und bis 1991 einen Redaktionssitz behielt, ihr Renommee aber erst später u. a. in Graz und Berlin erarbeiten konnte. Mehr oder weniger lose durch Herkunft oder (Teil-)Wohnsitz der Herausgeber mit Oberösterreich verschränkt waren auch die sehr ambitionierte Kulturzeitschrift Gegenwart (1989-97, Herausgeber Walter Klier [geb. 1955] sowie die gebürtige Oberösterreicherin Stefanie Holzer [geb. 1961]), die bis 1994 neben Innsbruck auch Taufkirchen an der Pram als Redaktionssitz führte, sowie die von Hansjörg Zauner begründete Zeitschrift Ahnungen (1980-84), die mit dem Schwerpunkt Lyrik in Wien erschien, als Redaktionsadresse aber Obertraun im Impressum angab.

Weitere, fast ausschließlich von jungen Leuten initiierte Regionalprojekte ohne weitreichende Wirkung waren Contra (1980-82) aus Peuerbach, Fledermaus (1987) und dessen Nachfolgeorgan Augenblicke (1988) aus Altmünster, Torquato (1989/90) aus St. Georgen an der Gusen, Analytischer Naturalismus (1992-98) aus Pasching sowie Findlinge (1987-95) und Mühlviertler Original (1999-vermutlich 2002) aus Aigen. Mit zwei Literaturzeitschriften trat in St. Wolfgang der Verein AG Literatur auf, nämlich mit Literatur im Kleinformat (1997-2003), deren Haupttitel eigentlich nur aus drei Auslassungspunkten bestand, und litera[r]t (seit 2011). In Gosau am Dachstein initiiert Paul Jaeg seit 1991 Zeitschriften mit unterschiedlichen Inhaltsgewichtungen und diversen Titeln wie Ceit & Taeg, arovell und aroqart. Stabil hingegen zeigt sich die Zeitschrift Landstrich (seit 1980, Schärding und Brunnenthal) des gleichnamigen Kulturvereins, die einmal jährlich ein Themenheft mit Bild- und Textbeiträgen hervorbringt. Ein modernes, interdisziplinäres Profil zwischen Kultur und Wissenschaft mit wechselndem Literaturanteil vertritt das Xing Magazin (seit 2004) aus Linz.

Tanja Gausterer

 

Esterhammer, Ruth; Gaigg, Fritz; Köhle, Markus: Handbuch österreichischer und Südtiroler Literaturzeitschriften 1970-2004. Innsbruck 2008.

Stand: 15.4.2015